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title = "Fiji"
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author = ["Valentin Boettcher"]
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date = 2016-11-23T03:48:00+01:00
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categories = ["Neuseeland"]
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draft = false
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Frisch aus dem Urlaub im Urlaub. Ich grüße von Fiji, denn ich schreibe
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diesen Eintrag schon auf der Insel und veröffentliche ihn erst
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jetzt. Ein paar wunderbare und sehr komfortable Tage waren es. Wir
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wohnen hier in einem sehr schönen Ferienhaus mit Pool, Meeresblick
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(bzw. Sonnenuntergangsblick) und erfrischender Brise zur
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Abendstunde. Viel Entspannung und viel Freizeit. Das ganze erinnert
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mich an Gozo mit ein bisschen mehr grün, der der gleichen Hitze. Wir
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haben auch zwei “Bedienstete”, die das Haus in Ordnung halten und
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kochen. Auch wenn sie für Bezahlung arbeiten, so kann ich es doch
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nicht ab, bedient zu werden als stände ich über anderen. Nun überfällt
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mich also immer ein gewisses Unbehagen, wenn ich sie arbeiten sehe und
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ich versuche ab und an zu helfen. Als wir am ersten Tag in die Stadt
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fuhren, um einzukaufen, durfte ich erfahren, was ein echter Markt
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ist. Viele, kleine Stände mit frischem Gemüse und allerhand
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interessanter Kleinigkeiten. Um die nötigen Preisverhandlungen
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kümmerte sich unserer lokaler Führer Stanley. Auf dem Weg zurück fiel
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mir dann auf, wie arm das Land Fiji ist. Der Großteil der Bevölkerung
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lebt in Wellblechhütten und unsere “Bediensteten” schätzen sich mit
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einen überdurchschnittlich hohen Monatslohn von umgerechnet weniger
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als 300 Euro glücklich, wobei die Lebensmittelpreise auch gesalzen
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sind. Da ich gerade die Beweismethode der vollständigen Induktion
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verstanden hatte, suchte mein Geist nach einem neuen Problem und so
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stürzte mich die Ungleichheit auf der Welt in eine tiefe
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Verzweiflung. Wie kann es sein, dass ich so ein Glück habe und in Fiji
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auf einem Hügel (ja, auch im geographischen Sinne) über den in Armut
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lebenden Urlaub mache. Wie kann es sein, dass ich mir dieser
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Ungerechtigkeit bewusst war und dass sie mich aber nicht schon früher
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zur Verzweiflung getrieben hat. Wenn nur die geringste Möglichkeit
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besteht etwas ändern zu können, warum sollte ich nicht meine ganze
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Kraft darauf verwenden, anstatt zu entspannen. Nun, da ich bei diesen
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Fragen zu keiner zufriedenstellenden Lösung kam, rumorte das Thema in
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meinen Gedanken (und im Chat mit Nicolai, der sich das gleiche schon
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etwas früher als ich gefragt hat). Arme und unterentwickelte Länder
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bleiben unterentwickelt und werden ärmer. Nun wenn wir “entwickelten”
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in unserem Eigennutz genau diese Umstände ausnutzen und geringe Löhne
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zahlen (siehe unsere “Bediensteten”) oder Land kaufen, um dann große
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Villen mit den eigenen Arbeitern anstatt den einheimischen zu
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bauen. All das zu verhindern ist schwierig, aber nicht unmöglich, wenn
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man im Alltag bewusster darauf achtet wo denn all das Zeug, was man so
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günstig kauft, her kommt. Auch sollte man natürlich nicht
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wirtschaften, um eigennützig Reichtum zu akkumulieren und auch einmal
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an andere denken. All das entspricht so ziemlich der Christlichen
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(oder allgemein religiösen) Lehre und wir tun nach wie vor gut daran,
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danach zu leben. Ok, andere nennen das dann eben unsere “Werte”. Man
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vergisst das alles aber sehr schnell und erkennt es nur wieder, wenn
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man mit der Nase darauf gestoßen wird. Ich mit meiner kleinen Reise
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nach Neuseeland, habe ja noch eigennütziger gehandelt, hätte ich ja
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auch nach Afrika gehen können, um zu helfen. Punkt. Das also als
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Auszug aus meinen Gedanken. Nun sehe ich aber auch, dass die Leute
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hier glücklich, ja wirklich glücklich sind. Wahrscheinlich sogar
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glücklicher als wir, die wir uns sorgenfrei neue Sorgen schaffen und
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das dann Fortschrittlichkeit nennen. Unsere Maßstäbe passen nicht
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überall, Werte aber manchmal schon eher. Auch wenn die Leute glücklich
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sind, sollte man ihre Lage nicht verschlechtern, nur um in seine
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Richtung weiter zu kommen. Mit welchem Recht zerstören wir eigentlich
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einen Planeten, auf dem Sie noch nicht einmal die Möglichkeit hatten
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genau so “toll” (schlimm) wie wir zu werden. Wissen bringt
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“Macht”. Naja wohl eher “frei”. Hier auf Fiji weiß man um den
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westlichen Lebensstiel und steht darüber, auch wenn man den Touristen
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zuliebe ein paar Spiegelbilder aufstellt und seine Sprache zu einem
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einzelnen Wort “Bulla” (“Hallo”) verkrüppelt. Zur Erinnerung daran
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wird man dann von allen Seiten damit beschmissen. Bulla, sagt der
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Verkäufer, an dessen Stand ich einen Bullachino bestelle, nachdem ich
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mir ein Bulla-Shirt (Fiji braucht ja auch ”Hawai-Hemden”) bei
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Bulla-Looks (Ok, der Laden heißt Jack’s… und ich habe mir keines
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gekauft) gekauft habe. Aber zurück zum Text. Würde hier jedes Kind
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Zugang zu Bildung haben, so wäre es nicht zwangsläufig glücklicher,
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dafür jedoch freier zu werden was es eben werden will. Vielleicht ist
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das ein Ansatzpunkt. Auch wenn ich aus dem Wust der Gedanken, den ich
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hier nicht noch weiter ausrollen möchte, den ich aber in einer OneNote
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Übersicht zu systematisieren versuche, noch keine klare Linie
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herausziehen kann, so habe ich doch schon eine gewisse Synthese
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gewonnen. Umso mehr der einzelne voran kommt, ohne andere zurück zu
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stoßen, umso mehr kommt das ganze voran. Umso besser der einzelne
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wird, ohne anderen zu schaden, umso besser wird das ganze. Das kling
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in meinen Ohren recht egoistisch, ist jedoch das zufriedenstellendste
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das ich bisher hervorgebracht habe. Lebe, so gut du kannst, und
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verschließe deine Augen nicht vor deinen Fehlern. Sollte ich einmal
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zu Reichtum kommen, so setze ich ihn weise ein, sodass er zu einem
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Reichtum aller wird. Holla Marx grüßt. Bis dann, als Bald, euer
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Valentin, der sich das Ganze endlich einmal vom Herzen geschrieben
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hat. Ps: Ich bin jetzt bei einem Neuen Host und es ist
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wunderschön. Mehr dazu später.
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