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2021-08-03 14:11:30 +02:00
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title = "Fiji"
author = ["Valentin Boettcher"]
date = 2016-11-23T03:48:00+01:00
categories = ["Neuseeland"]
draft = false
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Frisch aus dem Urlaub im Urlaub. Ich grüße von Fiji, denn ich schreibe
diesen Eintrag schon auf der Insel und veröffentliche ihn erst
jetzt. Ein paar wunderbare und sehr komfortable Tage waren es. Wir
wohnen hier in einem sehr schönen Ferienhaus mit Pool, Meeresblick
(bzw. Sonnenuntergangsblick) und erfrischender Brise zur
Abendstunde. Viel Entspannung und viel Freizeit. Das ganze erinnert
mich an Gozo mit ein bisschen mehr grün, der der gleichen Hitze. Wir
haben auch zwei “Bedienstete”, die das Haus in Ordnung halten und
kochen. Auch wenn sie für Bezahlung arbeiten, so kann ich es doch
nicht ab, bedient zu werden als stände ich über anderen. Nun überfällt
mich also immer ein gewisses Unbehagen, wenn ich sie arbeiten sehe und
ich versuche ab und an zu helfen. Als wir am ersten Tag in die Stadt
fuhren, um einzukaufen, durfte ich erfahren, was ein echter Markt
ist. Viele, kleine Stände mit frischem Gemüse und allerhand
interessanter Kleinigkeiten. Um die nötigen Preisverhandlungen
kümmerte sich unserer lokaler Führer Stanley. Auf dem Weg zurück fiel
mir dann auf, wie arm das Land Fiji ist. Der Großteil der Bevölkerung
lebt in Wellblechhütten und unsere “Bediensteten” schätzen sich mit
einen überdurchschnittlich hohen Monatslohn von umgerechnet weniger
als 300 Euro glücklich, wobei die Lebensmittelpreise auch gesalzen
sind. Da ich gerade die Beweismethode der vollständigen Induktion
verstanden hatte, suchte mein Geist nach einem neuen Problem und so
stürzte mich die Ungleichheit auf der Welt in eine tiefe
Verzweiflung. Wie kann es sein, dass ich so ein Glück habe und in Fiji
auf einem Hügel (ja, auch im geographischen Sinne) über den in Armut
lebenden Urlaub mache. Wie kann es sein, dass ich mir dieser
Ungerechtigkeit bewusst war und dass sie mich aber nicht schon früher
zur Verzweiflung getrieben hat. Wenn nur die geringste Möglichkeit
besteht etwas ändern zu können, warum sollte ich nicht meine ganze
Kraft darauf verwenden, anstatt zu entspannen. Nun, da ich bei diesen
Fragen zu keiner zufriedenstellenden Lösung kam, rumorte das Thema in
meinen Gedanken (und im Chat mit Nicolai, der sich das gleiche schon
etwas früher als ich gefragt hat). Arme und unterentwickelte Länder
bleiben unterentwickelt und werden ärmer. Nun wenn wir “entwickelten”
in unserem Eigennutz genau diese Umstände ausnutzen und geringe Löhne
zahlen (siehe unsere “Bediensteten”) oder Land kaufen, um dann große
Villen mit den eigenen Arbeitern anstatt den einheimischen zu
bauen. All das zu verhindern ist schwierig, aber nicht unmöglich, wenn
man im Alltag bewusster darauf achtet wo denn all das Zeug, was man so
günstig kauft, her kommt. Auch sollte man natürlich nicht
wirtschaften, um eigennützig Reichtum zu akkumulieren und auch einmal
an andere denken. All das entspricht so ziemlich der Christlichen
(oder allgemein religiösen) Lehre und wir tun nach wie vor gut daran,
danach zu leben. Ok, andere nennen das dann eben unsere “Werte”. Man
vergisst das alles aber sehr schnell und erkennt es nur wieder, wenn
man mit der Nase darauf gestoßen wird. Ich mit meiner kleinen Reise
nach Neuseeland, habe ja noch eigennütziger gehandelt, hätte ich ja
auch nach Afrika gehen können, um zu helfen. Punkt. Das also als
Auszug aus meinen Gedanken. Nun sehe ich aber auch, dass die Leute
hier glücklich, ja wirklich glücklich sind. Wahrscheinlich sogar
glücklicher als wir, die wir uns sorgenfrei neue Sorgen schaffen und
das dann Fortschrittlichkeit nennen. Unsere Maßstäbe passen nicht
überall, Werte aber manchmal schon eher. Auch wenn die Leute glücklich
sind, sollte man ihre Lage nicht verschlechtern, nur um in seine
Richtung weiter zu kommen. Mit welchem Recht zerstören wir eigentlich
einen Planeten, auf dem Sie noch nicht einmal die Möglichkeit hatten
genau so “toll” (schlimm) wie wir zu werden. Wissen bringt
“Macht”. Naja wohl eher “frei”. Hier auf Fiji weiß man um den
westlichen Lebensstiel und steht darüber, auch wenn man den Touristen
zuliebe ein paar Spiegelbilder aufstellt und seine Sprache zu einem
einzelnen Wort “Bulla” (“Hallo”) verkrüppelt. Zur Erinnerung daran
wird man dann von allen Seiten damit beschmissen. Bulla, sagt der
Verkäufer, an dessen Stand ich einen Bullachino bestelle, nachdem ich
mir ein Bulla-Shirt (Fiji braucht ja auch ”Hawai-Hemden”) bei
Bulla-Looks (Ok, der Laden heißt Jacks… und ich habe mir keines
gekauft) gekauft habe. Aber zurück zum Text. Würde hier jedes Kind
Zugang zu Bildung haben, so wäre es nicht zwangsläufig glücklicher,
dafür jedoch freier zu werden was es eben werden will. Vielleicht ist
das ein Ansatzpunkt. Auch wenn ich aus dem Wust der Gedanken, den ich
hier nicht noch weiter ausrollen möchte, den ich aber in einer OneNote
Übersicht zu systematisieren versuche, noch keine klare Linie
herausziehen kann, so habe ich doch schon eine gewisse Synthese
gewonnen. Umso mehr der einzelne voran kommt, ohne andere zurück zu
stoßen, umso mehr kommt das ganze voran. Umso besser der einzelne
wird, ohne anderen zu schaden, umso besser wird das ganze. Das kling
in meinen Ohren recht egoistisch, ist jedoch das zufriedenstellendste
das ich bisher hervorgebracht habe. Lebe, so gut du kannst, und
verschließe deine Augen nicht vor deinen Fehlern. Sollte ich einmal
zu Reichtum kommen, so setze ich ihn weise ein, sodass er zu einem
Reichtum aller wird. Holla Marx grüßt. Bis dann, als Bald, euer
Valentin, der sich das Ganze endlich einmal vom Herzen geschrieben
hat. Ps: Ich bin jetzt bei einem Neuen Host und es ist
wunderschön. Mehr dazu später.