In diesem Kapitel seien $K$ ein Körper, $n\in\natur$ eine natürliche Zahl, $V$ ein $n$-dimensionaler $K$-VR und $f\in\End_K(V)$ ein Endomorphismus.
Das Ziel dieses Kapitels ist, die Geometrie von $f$ besser zu verstehen und Basen zu finden, für die $M_B(f)$ eine besonders einfache oder kanonische Form hat.
\section{Eigenwerte}
\begin{remark}
Wir erinnern uns daran, dass $\End_K(V)=\Hom_K(V,V)$ sowohl einen $K$-VR als auch einen Ring bildet. Bei der Wahl einer Basis $B$ von $V$ wird $f\in\End_K(V)$ durch die Matrix $M_B(f)=M_B^B(f)$ beschrieben.
$\Rightarrow$ mit $B=\left(\begin{pmatrix}1\\1\end{pmatrix},\begin{pmatrix}1\\-1\end{pmatrix}\right)$ ist $M_B(f)=\begin{pmatrix}3&0\\0&-1\end{pmatrix}$. \\%TODO figure
Der Endomorphismus $f=f_A$ streckt also entlang der Achse $\real\cdot\begin{pmatrix}1\\1\end{pmatrix}$ um den Faktor 3 und spiegelt entlang der Achse $\real\cdot\begin{pmatrix}1\\-1\end{pmatrix}$
Sind $0\neq x\in V$ und $\lambda\in K$ mit $f(x)=\lambda x$ so nennt man $\lambda$ einen \begriff{Eigenwert} von $f$ und $x$ einen \begriff{Eigenvektor} von $f$ zum Eigenwert $\lambda$. Der \begriff{Eigenraum} zu $\lambda\in K$ ist $\Eig(f,\lambda)=\{x\in V\mid f(x)=\lambda x\}$.
\end{definition}
\begin{remark}
Für jedes $\lambda\in K$ ist $\Eig(f,\lambda)$ ein UVR von $V$, da
Achtung! Der Nullvektor ist nach Definition kein Eigenvektor, aber $\lambda=0$ kann ein Eigenwert sein, nämlich genau dann, wenn $f\notin\Aut_K(V)$, siehe Übung. Die Menge der Eigenvektoren zu $\lambda$ ist also $\Eig(f,\lambda)\backslash\{0\}$ und $\lambda$ ist genau dann ein Eigenwert von $f$, wenn $\Eig(f,\lambda)\neq\{0\}$.
Ist $A=\diag(\lambda_1,...,\lambda_n)$ und $f=f_A\in\End_K(K^n)$, so sind $\lambda_1,...,\lambda_n$ EW von $f$ und jedes $e_i$ ist ein EV zum EW $\lambda_i$.
Sind $\lambda_1,...,\lambda_n$ paarweise verschiedene EW von $f$ und ist $x_i$ ein EV zu $\lambda_i$ für $i=1,...,m$, so ist $(x_1,...,x_m)$ linear unabhängig.
\end{lemma}
\begin{proof}
Induktion nach $m$\\
\emph{$m=1$}: klar, denn $x_1\neq0$\\
\emph{$m-1\to m$}: Sei $\sum\limits_{i=1}^m \mu_i x_i=0$ mit $\mu_1,...,\mu_m\in K$.
Nach IB ist $\mu_i(\lambda_i-\lambda_m)=0$ für $i=1,...,m-1$, da $\lambda_i\neq\lambda_m$ für $i\neq m$ also $\mu_i=0$ für $i=1,...,m-1$. Damit ist auch $\mu_m=0$. Folglich ist $(x_1,...,x_m)$ linear unabhängig.
Seien $x_i,y_i\in\Eig(f,\lambda_i)$ für $i=1,...,m$. Ist $\sum\limits_{i=1}^m x_i=\sum\limits_{i=1}^m y_i$, so ist $\sum\limits_{i=1}^m \underbrace{x_i-y_i}_{z_i}=0$.\\
o. E. seien $z_i\neq0$ für $i=1,...,r$ und $z_i=0$ für $i=r+1,...,m$. Wäre $r>0$, so wären $(z_1,...,z_r)$ linear abhängig, aber $z_i=x_i-y_i\in\Eig(f,\lambda_i)\backslash\{0\}$, im Widerspruch zu \propref{lemma_EW_lin_unabh}. Somit ist $x_i=y_i$ für alle $i$ und folglich ist die Summe $\sum\Eig(f,\lambda_i)$ direkt.
\end{proof}
\begin{definition}[EW und EV für Matrizen]
Sei $A\in\Mat_n(K)$. Man definiert Eigenwerte, Eigenvektoren, etc von $A$ als Eigenwerte, Eigenvektoren von $f_A\in\End_K(K^n)$.
\end{definition}
\begin{proposition}
Sei $B$ eine Basis von $V$ und $\lambda\in K$. Genau dann ist $\lambda$ ein EW von $f$, wenn $\lambda$ ein EW von $A=M_B(f)$ ist. Insbesondere haben ähnliche Matrizen die selben EW.
\end{proposition}
\begin{proof}
Dies folgt aus dem kommutativen Diagramm
\begin{center}\begin{tikzpicture}
\matrix (m) [matrix of math nodes,row sep=3em,column sep=4em,minimum width=2em]
{K^n & K^n \\ V & V \\};
\path[-stealth]
(m-1-1) edge node [left] {$\Phi_B$} (m-2-1)
edge node [above] {$f_A$} (m-1-2)
(m-2-1) edge node [below] {$f$} (m-2-2)
(m-1-2) edge node [right] {$\Phi_B$} (m-2-2);
\end{tikzpicture}\end{center}
denn $f_A(x)=\lambda x\iff(\Phi_B\circ f_A)(x)=\Phi_B(\lambda x)\iff f(\Phi_B(x))=\lambda\Phi_B(x)$. \\
Ähnliche Matrizen beschreiben den selben Endomorphismus bezüglich verschiedener Basen, vgl. IV.4.1 %TODO: Verlinkung ins alte Semester