fpraktikum/LM/protokoll/protokoll.tex
2020-01-12 15:48:04 +01:00

957 lines
41 KiB
TeX

\documentclass[slug=LM, room=Andreas-Schubert-Bau\,\ K\ 1A, supervisor=Anne-Sophie\ Berthold, coursedate=13.\ 12.\ 2019]{../../Lab_Report_LaTeX/lab_report}
\title{Lebensdauer von Myonen}
\author{Oliver Matthes, Valentin Boettcher}
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\begin{document}
\maketitle
\section{Vorbetrachtungen}
\label{sec:einl}
\subsection{Myonenentstehung durch primäre Höhenstrahlung}
\label{sec:myonenenst}
Im Versuch wird die mittlere Lebensdauer von Myonen gemessen.
Die gemessenen Myonen entstehen durch Teilchenkollisionen und -zerfällen in ca.
\(\SI{10}{\kilo\metre}\) Höhe. Dort trifft die primäre Höhenstrahlung, die zu
\(\SI{85}{\percent}\) aus hochenergetischen Protonen besteht, auf die Erdatmosphäre.
Die Protonen kollidieren also mit den Atomkernen der Atmosphäre, wodurch neben anderen Teilchen
auch geladene Pionen entstehen:
\begin{align}\label{eq:pionen}
p + p \rightarrow p + n + \pi^+ \\
p + n \rightarrow p + p + \pi^-
\end{align}
Jedes dieser Pionen wiederum zerfällt mittels der schwachen Wechselwirkung innerhalb von
\(\SI{2,6e-8}{\second}\):
\begin{align}\label{eq:myonen}
\pi^+ \rightarrow \mu^+ + \nu_\mu \\
\pi^- \rightarrow \mu^- + \bar\nu_\mu
\end{align}
Diese bei dem Pionenzerfall entstandenen Myonen zerfallen nach einer mittleren Lebensdauer von
\(\tau_\mu = \SI{2,19703\pm0,00004e-6}{\second}\)\cite{pdg} weiter:
\begin{align}
\mu^+ \rightarrow e^+ + \nu_e + \bar\nu_\mu \\
\mu^- \rightarrow e^- + \bar\nu_e + \nu_\mu
\end{align}
Die Höhenstrahlung, die die Erdoberfläche erreicht besteht zu mehr als \(\SI{70}{\percent}\)
aus Myonen. Die bei oben beschriebenen Prozessen entstehenden Myonen erreichen nur die
Erdoberfläche, da sie sich mit relativistischen Geschwindigkeiten bewegen und somit sowohl
Zeitdilatation als auch die Längenkontraktion eine Rolle spielen.\\
Durch Bestimmung der Lebensdauer der Myonen kann man die Kopplungskonstante der schwachen
Wechselwirkung bestimmen:
\begin{equation} \label{eq:kopplkonst}
\tau_\mu^{-1} = G_F^2 \cdot \frac{m_\mu^5}{192 \pi^3}
\end{equation}
\(\mu^+\) und \(\mu^-\) haben ziemlich genau die gleichen Lebensdauern.
Der \(\mu^-\)-Einfang, der nur die negativ geladenen Myonen betrifft kann allerdings deren
die Lebensdauer stark reduzieren.
Kommt ein negativ geladenes Myon in Materie zur Ruhe, wird es von einem Atom aufgrund der
elektromagnetischen Wechselwirkung eingefangen und erreicht in diesem nach nicht einmal
\(\SI{e-12}{\second}\) den Grundzustand. Nach erreichen des Grundzustandes überlappen die
Wellenfunktionen des Atomkerns und des Myons miteinander. Durch diese Überlappung kann es dazu
kommen, dass das Myon von Kern absorbiert wird (\(\mu^- + p \rightarrow n + \nu_\mu\)), sodass
dieser Prozess mit dem des freien Zerfalls in Konkurrenz tritt und sich die effektive Lebensdauer
des negativ geladenen Myons verkürzt (in Kupfer zum Beispiel um \(\SI{0,1636 \pm 0,0008}{\micro\second}\)).
\begin{equation}\label{eq:efflebenszeit}
\frac{1}{\tau} = \frac{1}{\tau_0} + \frac{1}{\tau_c}
\end{equation}
\begin{conditions}
\tau_c & \(\mu^-\) Lebensdauer bei Einfang \\
\tau_0 & Urspr\"ungliche Lebensdauer
\end{conditions}
\subsection{Messaufbau und Detektorfunktionsweise}
\label{sec:aufbau}
Eine Skizze der im Versuch verwendeten Messanordnung ist in~\ref{fig:aufbau} zu sehen.
Sie besteht aus drei Photomultipliern und Szintillatoren sowie zwei Kupferplatten, die je
\(\SI{1}{\centi\metre}\) dick sind. Zwei der Szintillatoren befinden sich oberhalb der Kupferplatten
und entsprechend eine unterhalb. Sie haben eine Fläche von \(\SI{0,6}{\metre} \times \SI{0,36}{\metre}\).
Ereignisse in Szintillatoren (siehe~\ref{sec:szinti}) werden durch
Photomultiplier ausgelesen (siehe~\ref{sec:photomulti}) deren Signale
wiederum von Diskriminator in einheitliche Signale umgewandelt werden,
um in einer elektronischen Koinzidenzeinheit klassifiziert zu werden
(z.B. gleichzeitige Ansprache on PM1 und PM2). Der Diskriminator
unterdr\"uckt zudem Signale unter \SI{100}{\milli\volt}. Zeitdifferenzen
zwischen verschiedenen Koinzidenzen k\"onnen mit einem \emph{Time to
Digital Converter} (TDC) in Kan\"ale der Breite
\SI{41.67}{\nano\second} einsortiert werden.
Wenn ein Myon im Kupfer gestoppt wird, geben PM1 und PM2 ein Signal aus, nicht jedoch PM3.
Dieses Signal wird deswegen mit \(\textit{12}\bar{\textit{3}}\) bezeichnet. Wird ein
solches Ereignis gemessen wird die Zeitmessung gestartet und gestoppt, wenn entweder
\(\SI{10}{\micro\second}\) vergangen sind, um zufällige Koinzidenzen, die beispielsweise durch
den niederenergetischen Anteil der Höhenstrahlung auftreten können, zum größten Teil
herausfiltern zu können, oder
ein nach oben emittiertes Positron von PM2 (Signal \(\textit{2}\bar{\textit{3}}\)) gemessen wird
bzw. ein nach unten emittiertes in
PM3 (Signal \(\bar{\textit{2}}\textit{3}\)) detektiert wird. Alle gemessenen Ereignisse werden
zum Schluss von einem an den Aufbau angeschlossenen PC gez\"ahlt.
\begin{figure}[H]\centering
\includegraphics[width=.5\columnwidth]{./Versuchsaufbau.png}
\caption{Schematische Abbildung der Messanordnung.}
\label{fig:aufbau}
\end{figure}
\subsubsection{Szintillator}
\label{sec:szinti}
Wenn in das Szintillatormaterial, das organischer oder anorganischer Natur sein kann, ionisierende
Strahlung eintritt, die in diesem Versuch hauptsächlich Myonenstrahlung sowie Strahlung
aus Elektronen und Positronen besteht, entstehen bei Stoßprozessen innerhalb des Materials Elektronen,
Löcher oder Elektron-Loch-Paare (so genannte Exzitonen).
In anorganischen Szintillatoren diffundieren sie durch das
Detektormaterial bis sie auf einen Aktivator treffen, der dadurch angeregt wird. Regt dieser sich
wieder ab, emittiert er Photonen. Diese Photonen haben nun eine Wellenlänge, die sich im Bereich
sichtbaren Lichts befindet, und gelangen durch den Szintillator zum angeschlossenen
Photomultiplier.
Im Versuch wurden Plastikszintillatoren verwendet. Diese gehören zu den organischen Szintillatoren.
In solchen werden in einem Fluoreszenzstoff Molekülzustände angeregt, die bei Abregung Photonen
im UV-Bereich emittieren. Da UV-Licht in vielen Materialien allerdings nur eine geringe
Reichweite hat, muss diesen Materialien noch ein so genannter Wellenlängenschieber zugefügt werden.
\subsubsection{Photomultiplier}
\label{sec:photomulti}
Im Photomultiplier (PM) treffen die Photonen aus dem Szintillator zunächst auf eine Photodiode,
die die auftreffenden Photonen mit Hilfe des Photoeffekts in ein elektrisches Signal umwandelt.
Je nachdem wie viele Photonen auftreffen, kann dieses Signal aus nur wenigen Elektronen bestehen.
Um das Signal messen zu können, wird es in einem Sekundärelektronenvervielfältiger verstärkt.
In diesem Vervielfältiger liegt eine Hochspannung an, sodass sich alle Elektronen in eine Richtung
bewegen. Während ihrer Reise gen Anode treffen sie immer wieder auf Dynoden aus denen sie
weitere Elektronen herauslösen. Dadurch wird die Zahl der Elektronen exponentiell größer.
Die Elektronenanzahl, die am Ende gemessen wird, hängt dabei erstens von der Anzahl der Photonen
ab, die eingangs auf die Photodiode getroffen sind, aber auch von der Hochspannung, weswegen diese
genau eingestellt werden muss.
\subsection{Maximum-Likelihood-Methode}
\label{sec:likemeth}
Die so genannte Maximum-Likelihood-Methode dient zur Auffindung eines
Sch\"atzers f\"ur einen gesuchten, aber unbekannten, Parameter in
einem Wahrscheinlichkeitsmodell. Der Sch\"atzer ist der Wert des
Parameters, für den
es am wahrscheinlichsten ist, die zuvor gemessenen Daten zu
messen. Diese Methode ist \emph{Plausibel}, muss aber nicht immer den
besten Sch\"atzer liefern\cite[89]{Barlow}.\\
Um diese Methode anwenden zu können, muss die Wahrscheinlichkeitsdichteverteilung \(P(\vec{x},\tau)\)
der gemessenen Werte in Abhängigkeit der unbekannten, also gesuchten Größe
\(\tau\) bekannt sein (\(\vec{x}\) meint hier die Gesamtheit der Messdaten).
Mit Hilfe dieser Verteilungen ergibt sich die Likelihood-Funktion \(L\), als
Gesamtwahrscheinlichkeit dann aus dem Produkt all der Einzelwahrscheinlichkeiten.
\begin{equation}\label{eq:likefkt}
L(\vec{x},\tau) = \prod_{i=1}^{N} P(x_i,\tau)
\end{equation}
Um nun den wahrscheinlichsten Wert f\"ur den Parameter \(\tau\) zu finden, muss diese Funktion
maximiert werden. Praktisch maximiert man allerdings den Logarithmus
(\"aquivalent da streng monoton) der Funktion, da dies
einfacher ist, weil sich das Produkt dadurch in eine Summe umwandelt. Es muss also gelten
(\(\hat\tau\) meint hier den wahrscheinlichsten Wert):
\begin{equation}\label{eq:likediff}
\dv{\ln{L}}{\tau} \mid_{\tau = \hat{\tau}} = 0
\end{equation}
In diesem Versuch gibt es drei verschiedene Möglichkeiten, die Maximum-Likelihood-Methode
anzuwenden, die im Folgenden kurz umrissen werden sollen.
\subsubsection{Max-Log-Likelihood-Methode und das exponentielle Zerfallsgesetz}
\label{eq:likezerfall}
Myonen zerfallen nach dem exponentiellen Zerfallsgesetz:
\begin{equation}\label{eq:zerfall}
N(t) = N(t_0) \cdot \exp[-\frac{t-t_0}{\tau}]
\end{equation}
Die Wahrscheinlichkeitsdichte ergibt sich damit zu:
\begin{equation}\label{eq:wahrzerfall}
P(t_i,\tau) = \frac{1}{\tau} \cdot e^{-t_i/\tau}
\end{equation}
Diese Gleichung gilt allerdings nur für eine unendliche Beobachtungszeit, da hier das Integral
von \(t = 0\) bis \(t = \infty\) 1 ergibt.
Da eine Beobachtungszeit solcher Länge unmöglich zu realisieren ist, muss~\ref{eq:wahrzerfall}
für Zeiten bis maximal \(T\) normiert werden:
\begin{equation}\label{eq:modzerfall}
P(t_i,\tau) = \frac{1}{\tau}e^{-t_i/\tau} \cdot \frac{1}{1-e^{-\frac{T}{\tau}}}
\end{equation}
Daraus folgt:
\begin{equation}\label{eq:delta-tau}
\ln L = \sum_i \qty(-\frac{t_i}{\tau} - \ln\tau - \ln(1-e^{-T/\tau}))
\end{equation}
und
\begin{equation}\label{eq:tau2}
\hat\tau = \frac{1}{N} \sum t_i + \frac{T e^{-\frac{T}{\tau}}}{1-e^{-\frac{T}{\tau}}}
\end{equation}
Bei dieser Methode muss in diesem Experiment allerdings beachtet
werden, dass keine \(N\) unterschiedliche Zeiten, sondern \(K\) Kanäle
mit \(N_i\) Counts im \(i\)-ten Kanal gemessen werden. Jeder Messwert
ist mit einer statistischen Messungenauigkeit \(\sqrt{N_i}\) behaftet
(Poissonverteilt). Unter Berücksichtigung dieser Besonderheiten folgt
für \(\hat\tau\):
\begin{equation}\label{eq:tau1}
\hat\tau = \frac{1}{N} \sum_{k=1}^{K}N_k\cdot t_k + \text{Korrektur}
\end{equation}
Für die Standardabweichung ergibt sich aus der Fehlerfortpflanzung:
\begin{gather}
\pdv{\tau}{N_k} = \frac{t_k}{N} + \qty[\frac{T}{\qty(e^{\frac{T}{\tau}} -
1)\cdot \tau}]^2e^{\frac{T}{\tau}}\pdv{\tau}{N_k} \\
\implies \pdv{\tau}{N_k} = \frac{t_k}{N\cdot\qty[1 - \qty(\frac{T}{\qty(e^{\frac{T}{\tau}} -
1)\cdot \tau})^2e^{\frac{T}{\tau}}]}
\end{gather}
Und damit:
\begin{equation}\label{eq:delta-tau-exp}
\Delta \hat\tau = \frac{\sqrt{\sum N_k \cdot t_k^2}}{N\cdot\underbrace{\qty[1 - \qty(\frac{T}{\qty(e^{\frac{T}{\tau}} -
1)\cdot \tau})^2e^{\frac{T}{\tau}}]}_{\kappa^{-1}}}
\end{equation}
Durch wiederholtes Einsetzen von~\ref{eq:tau1} in~\ref{eq:tau2} wird durch Iteration \(\hat\tau\)
bestimmt.
\subsubsection{Max-Likelihood-Methode und die Poissonverteilung}
\label{sec:likepoisson}
Da es sich bei diesem Experiment um Zählmessungen handelt (man hat \(f_i\) Einträge pro
Zeitkanal \(i\)), ist die Poissonverteilung mit dem mittleren Erwartungswert \(f\) eine gute
Möglichkeit, die Messungen statistisch zu beschreiben. Die Wahrscheinlichkeit, \(N_i\) Einträge
im \(i\)-ten Zeitkanal zu messen, wird durch folgende Wahrscheinlichkeitsdichteverteilung
beschrieben:
\begin{equation}\label{eq:poisson}
P(N_i,f_i) = \frac{f_i^{N_i} \cdot e^{-f_i}}{N_i !}
\end{equation}
Mit der Varianz für \(N_i\) um den entsprechenden Mittelwert \(f_i\):
\begin{equation}\label{key}
\sigma_i^2 = f_i
\end{equation}
Mit
\begin{equation}\label{eq:fipoisson}
f_i(t_i,\Delta t, \tau, N_0) = \int_{t=t_i}^{t_i+\Delta t} \frac{N_0}{\tau} \cdot \exp[-\frac{1}{\tau}] dt \approx \frac{N_0}{\tau} \cdot \exp[-\frac{t_i+\frac{\Delta t}{2}}{\tau}] \cdot \Delta t
\end{equation}
und
\begin{equation}\label{eq:N0poisson}
N_0(\tau) = \frac{N}{\exp[-\frac{t_1}{\tau}]-\exp[-\frac{t_K+\Delta t}{\tau}]}
\end{equation}
\begin{conditions}
N & Gesamtanzahl der Ereignisse \\
K & Anzahl der Kan\"ale \\
\Delta t & Kanalbreite
\end{conditions}
\(N_0\) ergibt sich als Normierung auf \(N\) ereignisse im Zeitraum
\(t_1\) bis \(t_K\).
Es ergibt sich für die logarithmierte Likelihood-Funktion:
\begin{equation}\label{key}
-2\ln L = -2\sum_{i} N_i \ln f_i +2N +2\sum_{i} \ln(N_i!)
\end{equation}
Da der Term \(2N +2\sum_{i} \ln(N_i!)\) nicht von der gesuchten Größe \(\tau\) abhängt, reicht es
aus
\begin{equation}
\label{eq:finalpoisson}
-2\sum_{i} N_i \ln f_i
\end{equation}
über \(\tau\) aufzutragen.
Es wird mit \(-2\) multipliziert, da dann die Abweichung des
Sch\"atzers durch die Schnittpunkte mit einer Horizontalen zwei
Einheiten \"uber dem Minimum gegeben ist\cite{Barlow}. Dieser Umstand
gilt auch in~\ref{sec:likegauss}.
\subsubsection{Max-Log-Likelihood-Methode und Gaußverteilung}
\label{sec:likegauss}
Für den Grenzfall großer Erwartungswerte, bedeutet mindestens \(f_i > 10\) pro Kanal, also für
eine große Observationszeit (hier eine Langzeitmessung, die eine Woche lang läuft), geht die
Poissonverteilung in die Gaußverteilung über. Für das hier durchgeführte Experiment ergibt sich
die Wahrscheinlichkeitsdichteverteilung zu:
\begin{equation}\label{eq:wahrgauss}
P(N_i,\tau) = \frac{1}{\sqrt{2\pi \sigma_i^2}} \cdot \exp[-\frac{(N_i-f_i)^2}{2\sigma_1^2}]
\end{equation}
Analog zur Poissonverteilung folgt für die logarithmierte Likelihoodfunktion:
\begin{equation}\label{key}
-2\ln L = \sum_{i}\ln (2\pi\sigma_i^2) + \sum_{i} \frac{(N_i - f_i)^2}{\sigma_i^2}
\end{equation}
Mit \(f_i\) und \(N_0\) wie unter~\ref{sec:likepoisson}. \\
Da der erste Summenterm durch die Näherung \(\sigma_i(f_i) = \sqrt{f_i} \approx \sqrt{N_i}\) nicht
von \(\tau\) abhängt, kann dieser bei der Bestimmung von \(\hat{\tau}\) vernachlässigt und nur
der zweite Term betrachtet werden, der eine \(\chi^2\)-Verteilung beschreibt.
\begin{equation}\label{eq:chi}
\chi^2 = \sum_{i} \frac{\qty(N_i - f_i)^2}{\sigma_i^2}
\end{equation}
Die \(\chi^2\)-Funktion beschreibt wie stark eine gemessene Häufigkeit von der erwarteten abweicht.
Diese quadratische Abweichung wird durch die Varianz normiert, damit Werte mit einer hohen
Ungenauigkeit weniger stark in die Gesamtsumme einfließen. Idealerweise sollte der \(\chi^2\)-Wert
also möglichst klein werden, allerdings auch nicht zu klein, da sonst die Möglichkeit besteht, die
Ungenauigkeiten überschätzt zu haben.\\
Entsprechend wird bei dieser Methode der wahrscheinlichste oder beste Wert für \(\hat\tau\) durch
Minimierung der \(\chi^2\)-Funktion bestimmt. Der Wert des Minimus
folgt wiederum einer Wahrscheinlichkeitsverteilung \(\chi^2\)
Verteilung) mit der Varianz \(n-r\) wobei \(n\) gleich der Anzahl der
Summanden in~\ref{eq:chi} ist und \(r\) gleich der Anzahl der freien
Parameter im Modell.
\section{Durchf\"uhrung und Auswertung}
\label{sec:durchaus}
\subsection{Vorversuch}
\label{sec:vorvers}
\subsubsection{Aufnahme der Kennlinie f\"ur PM3}
\label{sec:pm3kenn}
Das Koinzidenzsignal (\textit{123}) und das Signal des
Photomultiplier PM3 wurden mit der Z\"ahleinheit verbunden. Nach der
Einstellung der Hochspannungen an den Photomultipliern auf
\SI{2400}{\volt} (PM1, PM2) und \SI{2100}{\volt}, wurde die Messzeit
mit \SI{140}{\second} so bemessen, dass die Anzahl der Ereignisse
\(N\) ausreichte, um eine relative Ungenauigkeit von
\(\eta \leq \SI{3}{\percent})\) zu erreichen (Poisson-Verteilung).
\begin{align}
\label{eq:mtime}
\frac{\Delta N}{N} &= \frac{1}{\sqrt{N}} \geq \eta \\
\implies N &\geq \frac{1}{\eta^2} = 1111
\end{align}
Da bei geringeren Spannungen an PM3 die Z\"ahlraten sinken, ergeben
sich dort auch gr\"o\ss{}ere Abweichungen. Anschließend wurde die
Spannung an PM2 in \SI{50}{\volt} Schritten im Bereich
\SIrange{1800}{2400}{\volt} variiert. Die dabei gemessenen
Z\"ahlraten sind in~\ref{fig:vorversuch-kennlinie_123}
und~\ref{fig:vorversuch-kennlinie_pm3} aufgetragen und
in~\ref{tab:counts3123} aufgelistet.
\begin{figure}[h]\centering
\input{../auswertung/figs/vorversuch/kennlinie_123.pgf}
\caption{Koinzidenzz\"ahlrate in Abh\"angigkeit der Spannung an PM3.}
\label{fig:vorversuch-kennlinie_123}
\end{figure}
\begin{figure}[h]\centering
\input{../auswertung/figs/vorversuch/kennlinie_pm3.pgf}
\caption{Z\"ahlrate von PM3 in Abh\"angigkeit der Spannung an PM3.}
\label{fig:vorversuch-kennlinie_pm3}
\end{figure}
\begin{table}[h]
\centering
\begin{tabular}{S|S|S|S|S}
\toprule
{U [\si{\volt}]} & {\(\dot{N}_\textit{3}\) [\si{\second^{-1}}]} &
{\(\dot{N}_\textit{3}\)
[\si{\second^-1}]}
& { \(\Delta \dot{N}_\textit{3}\)
[\si{\second^-1}]} & { \(\Delta \dot{N}_\textit{123}\)
[\si{\second^-1}]} \\
\midrule
1800 & 1.86 & 0.49 & 1.36 & 0.70 \\
1850 & 5.66 & 1.91 & 2.38 & 1.38 \\
1900 & 10.22 & 3.30 & 3.20 & 1.82 \\
1950 & 15.43 & 4.35 & 3.93 & 2.09 \\
2000 & 22.81 & 5.84 & 4.78 & 2.42 \\
2050 & 32.36 & 7.18 & 5.69 & 2.68 \\
2100 & 43.46 & 8.20 & 6.59 & 2.86 \\
2151 & 58.01 & 9.11 & 7.62 & 3.02 \\
2200 & 74.36 & 9.24 & 8.62 & 3.04 \\
2250 & 94.88 & 10.18 & 9.74 & 3.19 \\
2300 & 124.68 & 10.29 & 11.17 & 3.21 \\
2350 & 171.24 & 10.22 & 13.09 & 3.20 \\
2400 & 240.96 & 10.58 & 15.52 & 3.25
\end{tabular}
\caption{Z\"ahlraten f\"ur PM3 und \textit{123} Koinzidenzen in
Abh\"angigkeit der Spannung an PM3. Messabweichungen aus
Poissonverteilung: \(\Delta \dot{N} = \frac{\sqrt{N}}{T}\)}
\label{tab:counts3123}
\end{table}
Zu erkennen ist, dass sich in der Z\"ahlrate f\"ur \textit{123}
Signale ab ca. \SI{2250}{\volt} in ein Plateau \"ubergeht, wobei die
Z\"ahlrate des PM3 exponentiell anw\"achst, da mit steigender Spannung
nun auch immer mehr Rauschereignisse gez\"ahlt werden. Das Plateau
bildet sich in~\ref{fig:vorversuch-kennlinie_123} aus, da ab der oben
genannten Spannung PM3 nun auf alle zu \textit{123} Koinzidenzen
geh\"origen Ereignisse anspricht und somit auch eine Steigerung der
PM3 Z\"ahlrate \"uber dieses Ma\ss{} hinaus keine h\"ohere Z\"ahlraten
bewirkt. Dementsprechend wurde die Betriebsspannung f\"ur PM3 auf:
\begin{equation}
\label{eq:bspann}
U_{3,HV} = \SI{2300}{\volt}
\end{equation}
festgelegt.
\subsubsection{Messung von Myon-Pulsen}
\label{sec:pulse}
Zu begin wurden die drei PM-Signale gemeinsam mit dem Koinzidenzsignal
(\textit{123}, durchfliegendes Myon) für die ungestoppten Myonen auf je einen
Oszilloskopkanal gelegt und die Spannungen der PMs anschließend auf
\(U_{1,HV} = \SI{2300}{\volt}\), \(U_{2,HV} = \SI{2300}{\volt}\) und
\(U_{3,HV} = \SI{2100}{\volt}\) eingestellt.
Die gemessenen Pulse wurden durch das Koinzidenzsignal selektiert und
die Anzeige des Oszilloskops so eingestellt, dass die Peaks deutlich
zu erkennen waren, um die Höhe jedes der drei PM-Peaks zu messen. Dazu
wurde mit Hilfe der Start-/Stopptaste des Oszilloskops nach wenigen
Sekunden das Bild eingefroren, wobei vermieden den Bildschirm zu
betrachten, um eine unbewusste Selektion und damit Verzerrung der
Messergebnisse zu verhindern. Mit Hilfe der ``Difference'' Funktion
des Oszilloskops wurde die Höhe von je 50 Peaks vermessen.
Es ergeben sich die grundlegenden in~\ref{tab:statpeaks} angegebenen
statistischen Gr\"o\ss{}en. Grob zu erkennen ist, dass mit dem Index
der Photomultiplier die Mittelwerte/Mediane sowie die maximalen
Peakspannungen steigen. Die relativen Standardabweichungen sind dabei
aber recht \"ahnlich. Das deutet auf eine \"ahnliche
zugrundeliegende Verteilung an allen drei Photomultipliern hin.
\begin{table}[h]
\centering
\begin{tabular}{l|S|S|S|S|S|S}
\toprule
& {Min [\si{\volt}]} & {Max [\si{\volt}]} & {Mittelwert \(\bar{U}\)
[\si{\volt}]} &
{Median
[\si{\volt}]}
& {\(\sigma/\bar{U}\)}\\
\midrule
P1 & 0.20 & 3.00 & 0.72 & 0.60 & 1.31 \\
P2 & 0.20 & 11.40 & 4.44 & 3.60 & 1.89 \\
P3 & 3.60 & 51.20 & 9.30 & 7.00 & 1.06 \\
\end{tabular}
\caption{Statistiken der Peakh\"ohen der drei Photomultiplier f\"ur
eine Stichprobe der Gr\"o\ss{}e \(50\).}
\label{tab:statpeaks}
\end{table}
Zeichnet man auf Wahrscheinlichkeitsdichte skalierte Histogramme
(Abb.~\ref{fig:histos}), so l\"asst sich diese Vermutung best\"atigen.
Da die \textit{123} Signale zum gr\"o\ss{}ten Teil von durchfliegenden
Myonen erzeugt werden (nur diese durchdringen den Kupferblock), kann
angenommen werden, dass die Energie dieser Myonen ann\"ahernd konstant
ist und die Fluktuationen in den Peakh\"ohen der Photomultiplier von
den Fluktuationen in der Energieabgabe der Myonen in den
Szintillatoren um den durch die Bethe-Bloch-Formel gegebenen Mittelwert
herr\"uhrt.
\begin{figure}[h]
\begin{subfigure}{\textwidth}
\centering
\input{../auswertung/figs/vorversuch/muon_P1_spec.pgf}
\caption{Peak Spektrum PM1}
\label{fig:vorversuch-muon_P1_spec}
\end{subfigure}
\begin{subfigure}{\textwidth}
\centering
\input{../auswertung/figs/vorversuch/muon_P2_spec.pgf}
\caption{Peak Spektrum PM2}
\label{fig:vorversuch-muon_P2_spec}
\end{subfigure}
\end{figure}
\begin{figure}[h]
\ContinuedFloat
\centering
\begin{subfigure}{\textwidth}
\centering
\input{../auswertung/figs/vorversuch/muon_P3_spec.pgf}
\caption{Peak Spektrum PM3}
\label{fig:vorversuch-muon_P3_spec}
\end{subfigure}
\caption[Peak Histogramme PM1-3]{Histogramme der
Peakh\"ohenverteilung bei durchfliegenden Myonen. Die Anzahl der
Bins wurde so gew\"ahlt, dass die Form der Verteilung ohne allzu
gro\ss{}e Fluktuationen zu erkennen ist.}
\label{fig:histos}
\end{figure}
Die Statistik der Energieabgabe durch Ionisation ist gegeben durch die
Landauverteilung (siehe~\ref{eq:landau}).\cite{Landau:216256} Dabei
zeichnet sich ein relativ scharfes Maximum ab (Bethe-Bloch), welches
dann in einen sehr langen Schwanz \"ubergeht. Die Verteilung ist
normierbar, jedoch lassen sich aufgrund ihrer gro\ss{}en Breite keine
Momente definieren.
\begin{equation}
\label{eq:landau}
p(x) = {\frac{1}{\pi \eta}}\int _{0}^{\infty }e^{-t}\cos \qty[t\left({\frac {x-\mu }{\eta}}\right)+{\frac {2t}{\pi }}\log \left({\frac {t}{\eta}}\right)]\dd{x}
\end{equation}
Passt man~\ref{eq:landau} mit dem Verschiebungsparameter \(\mu\) und
der Skalierungskonstante \(\eta\) an die Histogramme an, so ergibt
sich eine gute Übereinstimmung (siehe~\ref{fig:histos}). Die
physikalische Bedeutung dieser Parameter wird hier mangels
Kalibrierung nicht weiter betrachtet. Die numerische Implementierung
von~\ref{eq:landau} machte eine Skalierung der Spannungsachse
notwendig. Der Lange Schwanz der Landauverteilung ist in der
Realit\"at durch die Teilchenenergie begrenzt und begr\"undet sich
durch sehr seltene Prozesse wie z.B. die Entstehung von
sog. \(\Delta\)-Strahlen durch einen sehr hohen Energie\"ubertrag
an ein Elektron mit nachfolgenden Sekund\"arionisationen durch dieses
Elektron.
Da die Photomultiplier nicht auf Energie kalibriert wurden, kann die
Verschiebung des Mittelwerts der Peakh\"ohen nicht klar gedeutet
werden. Nimmt man an, dass sich die PM bei gleichen Spannungen
\"ahnlich verhalten, so w\"urde die Verschiebung eine
Vergr\"o\ss{}erung des Energieverlustes in aufeinanderfolgenden
Szintillatorschichten bedeuten (PM3 sogar nach Kupfer). Dies wiederum
w\"urde darauf hindeuten, dass man sich in~\ref{fig:muonbbloch} im
Bereich um \(\beta\gamma = 1\) befindet. Solch eine geringe Energie
(\(<\SI{1}{\giga\electronvolt}\), \(E\approx p\cdot c\)) w\"are nur
durch vorherige starke Abbremsung der Myonen im Geb\"aude
oder eine nicht~\ref{fig:muonbbloch} entsprechende
Energieabgabe zu erkl\"aren (dagegen wiederum spr\"ache die
\"Ubereinstimmung mit Landau). Eine Impuls im Bereich des Minimums
von~\ref{fig:muonbbloch} w\"urde allerdings das Durchdringen des
Kupferblocks beg\"unstigen.
\begin{figure}[H]\centering
\includegraphics[width=\columnwidth]{./muon_stopp.png}
\caption[Ionisationsverlust des \(\mu^{+}\)]{Ionisationsverlust des
\(\mu^{+}\) durch Ionisation in
Kupfer\cite{GROOM2001183}. Qualitativ ist diese Darstellung auch
auf andere Materialien anzuwenden wobei sich die Achse des
Energieverlusts (vertikal) umskaliert.}
\label{fig:muonbbloch}
\end{figure}
%\subsubsection{Messung von Myon-Pulsen}
%\label{sec:pulse}
%
%Zuerst wurden die drei PM-Signale gemeinsam mit dem Koinzidenzsignal
%(123) für die ungestoppten Myonen auf je einen Oszilloskopkanal. Die
%Spannungen der PMs wurden anschließend auf
%\(U_{1,HV} = \SI{2300}{\volt}\), \(U_{2,HV} = \SI{2300}{\volt}\) und
%\(U_{3,HV} = \SI{2100}{\volt}\) eingestellt.
%
%Das Oszilloskop wurde nun mit dem Koinzidenzsignal getriggert, damit
%es "weiß", wann es eine Messung aufnehmen soll. Danach wurde die
%Anzeige des Oszilloskops so eingestellt, dass die Peaks deutlich zu
%erkennen waren, um die Höhe jedes der drei PM-Peaks zu messen. Dazu
%wurde mit Hilfe der Start-/Stopptaste des Oszilloskops nach wenigen
%Sekunden das Bild eingefroren. Dabei wurde es vermieden auf den
%Bildschirm zu sehen, um eine mögliche Beeinflussung und damit
%Verzerrung der Messergebnisse zu verhindern. Mit Hilfe der Cursor wurde
%nun die Höhe von je 50 Peaks vermessen.
\subsection{Hauptversuch}
\label{sec:hauptversuch}
F\"ur den Hauptversuch wurden auf Grundlage des
Vorversuchs~\ref{sec:pm3kenn} und den Vorversuchen der anderen Gruppen
die Betriebsspannungen der PM 1 und PM 2 auf \(\SI{2100}{\volt}\) und der
PM3 auf \(\SI{2300}{\volt}\) eingestellt. Anschließend wurden
\(\textit{12}\bar{\textit{3}}\) Koinzidenzen \"uber einen Zeitraum von
\SI{502051}{\second} aufgezeichnet.
Insgesamt wurden
\begin{equation}
\label{eq:totalcount}
N=15565
\end{equation}
Ereignisse in den zur Auswertung genutzten Kan\"alen 23 bis 150
gemessen.
Das entspricht einem Zeitintervall der Breite (left edge to right
edge):
\begin{equation}
\label{eq:totalwidth}
T = \SI{5333.3}{\nano\second}
\end{equation}
Das gemessene Spektrum ist
in~\ref{fig:haupt-spectrum_overview} dargestellt. In der
Detailansicht in~\ref{fig:haupt-spectrum_detail}, ist deutlich die
charakteristische exponentielle Form des
Zerfallsgesetzes~\ref{eq:zerfall} zu erkennen.
Die Ereignisse im Peak vor Kanal 23 sind wahrscheinlich kurzlebigeren
Reaktionen wie zum Beispiel dem \(\mu^{-}\)-Einfang zuzuschreiben. Die
Beschr\"ankung des Auswertungsbereichs nach oben ist der zunehmenden
Verrauschung der Messung bei geringen Z\"ahlraten geschuldet (\(\Delta
N/N=1/\sqrt{N}\)).
\begin{figure}[h]\centering
\input{../auswertung/figs/haupt/spectrum_overview.pgf}
\caption[Gemessenes Summenspektrum Hauptversuch]{Gemessenes Summenspektrum. Die Kanalbreite betr\"agt
\SI{41.67}{\nano\second}. Die vertikalen Linien kennzeichnen den
zur Auswertung genutzten Bereich.}
\label{fig:haupt-spectrum_overview}
\end{figure}
\begin{figure}[h]\centering
\input{../auswertung/figs/haupt/spectrum_detail.pgf}
\caption[Detailansicht des gemessenen Spektrums]{Zur Auswertung
herangezogener Ausschnitt des Spektrums
aus~\ref{fig:haupt-spectrum_overview}. Die Abweichungen nach
Poissonstatistik wurden stellenweise aufgetragen.}
\label{fig:haupt-spectrum_detail}
\end{figure}
\subsubsection{Auswertung mit dem exponentiellen Zerfallsgesetz}
\label{sec:auswertung-mit-dem-1}
Wie in~\ref{eq:likezerfall} diskutiert wird die Likelihood-Funktion
halbanalytisch maximiert und damit ein Sch\"atzer f\"ur die
Lebensdauer des Myons gewonnen.
Der Fixpunktsatz von Banach garantiert hier die Konvergenz der
iterativen Methode und erm\"oglicht sogar ohne Kenntnis der
Lipschitzkonstante (sie muss lediglich \(< 1\) sein). Wenn dann der
Abstand zweier aufeinanderfolgender Iterationsresultate kleiner als
die gewollte Pr\"azision ist, so gilt dies auch f\"ur den Abstand zum
gesuchten Fixpunkt. Somit limitiert hier nur noch die numerische
Genauigkeitsgrenze die Bestimmung der L\"osung von~\ref{eq:tau1}.
\begin{figure}[h]\centering
\input{../auswertung/figs/haupt/continous.pgf}
\caption{Konvergenzprozess von \ref{eq:tau1}.}
\label{fig:haupt-continous}
\end{figure}
Numerisch wurde mit Nanosekunden gerechnet und die gew\"unschte
Pr\"azision auf \SI{1e-3}{\nano\second} gesetzt (weit unter der
statistischen Abweichung). Der Konvergenzprozess
ist in~\ref{fig:haupt-continous} dargestellt und ben\"otigte \(28\)
Iterationen. Die Abweichungen der mit dieser Methode gewonnenen
Lebensdauer wird dominiert durch die Unsicherheit der Eingangsdaten
gegeben durch die Poissonstatistik und berechnet
nach~\ref{eq:delta-tau-exp}. Der gegen\"uber der Versuchanleitung
hinzugekommene Faktor ist dabei ma\ss{}geblich.
Es ergibt sich f\"ur die Lebensdauer:
\begin{equation}
\label{eq:result-exponential}
\tau = \SI{2220\pm 50}{\nano\second}
\end{equation}
Falls man den Faktor \(\kappa^{-1} \approx 2.7\)
aus~\ref{eq:delta-tau-exp} gleich \(1\) setzt (wie in der
Versuchsanleitung), so erh\"alt man eine Abweichung von
\(\Delta\tau = \SI{18}{\nano\second}\), eine Untersch\"atzung der
Abweichung. Sch\"atzt man die Abweichung aus der Likelihoodfunktion ab
(siehe~\ref{fig:haupt-exp}) so ergibt sich eine Abweichung von
\(\Delta\tau = \SI{30}{\nano\second}\). Diese drei werte liegen
jeweils um mehr als \SI{10}{\nano\second} auseinander und es stellt
sich die Frage welcher sch\"atzer hier der Richtige ist.
Da das Ergebnis analytisch erhalten wurde, kann man die Gauß'sche
Fehlerfortpflanzung guten Gewissens anwenden. Dennoch gilt die hier
angewendete Formel eigentlich nur f\"ur kleine Abweichungen (und keine
Korellation) und es treten hier Abweichungen von
\SIrange{10}{20}{\percent} auf. Die Absch\"atzung der Abweichungen aus
der Likelihood-Funktion beruht auf dem zentralen Grenzwertsatz. Durch
die Invarianz des Maximums der Likelihood-Funktion unter
Parametertransformationen gilt die Absch\"atzung auch f\"ur kleinere
Werte. Es wird hier an der Fehlerabsch\"atzung
nach~\ref{eq:delta-tau-exp} festgehalten, da diese einen direkteren
Zugang darstellt.
\begin{figure}[h]\centering
\input{../auswertung/figs/haupt/exp.pgf}
\caption{Das Mininum der \(-2\ln{L}\)-Funktion des Modells des
exponentiellen Zerfalls. Aufgetragen ist auch eine Horizontale
eine Einheit \"uber dem Minimum.}
\label{fig:haupt-exp}
\end{figure}
\begin{itshape}
Durch einen Fehler in der Auswertung (Messung von \(T\)
center-to-center statt left-to-right-edge) unterschied sich der
Exp. Zerfall zuerst deutlich von den Ergebnissen der anderen
Methoden. Da aber \(T\) die Normierung des unterliegen Modells ist
und nich von der Wahl der Bins abh\"angen sollte ist die Messung
center-to-center falsch.
\end{itshape}
\subsubsection{Auswertung mit der Poissonverteilung}
\label{sec:auw-poisson}
Es wird nun die in~\ref{sec:likepoisson} beschriebene Variante der
Maximum-Likelihood Methode auf Basis der Poissonverteilung angewendet.
Die Likelihood-Funktion in der Form~\ref{eq:finalpoisson} wird
numerisch (\verb|scipy.minimize_scalar|) mit einer Soll-Pr\"azision
von \SI{1e-3}{\nano\second} (wiederum weit unter der statistischen
Abweichung) minimiert (und damit die Likelihood-Funktion maximiert). Die
statistische Abweichung ergibt sich durch Auffinden der Schnittpunkte
einer Horizontalen eine Einheit \"uber dem Minimum. Die rechts und
linksseitige Abweichung stimmen innerhalb der \"ublichen
Rundungsregeln bis auf eine \si{\nano\second} \"uberein und es wird
die gr\"o\ss{}ere der beiden angegeben. Dieser Umstand deutet auf eine
ausweichende Anzahl an Messungen hin.
Es ergibt sich f\"ur die Lebensdauer:
\begin{equation}
\label{eq:result-poisson}
\tau = \SI{2216\pm 30}{\nano\second}
\end{equation}
Die \(-2\ln{L}\) Funktion ist um ihr Minimum
in~\ref{fig:haupt-poisson} dargestellt.
\begin{figure}[h]\centering
\input{../auswertung/figs/haupt/poisson.pgf}
\caption{Das Mininum der \(-2\ln{L}\)-Funktion der
Poissonverteilung. Aufgetragen ist auch eine Horizontale eine
Einheit \"uber dem Minimum.}
\label{fig:haupt-poisson}
\end{figure}
Das hier gewonnene Ergebnis stimmt vor der Rundung mit dem
aus~\ref{sec:auswertung-mit-dem-1} auf mehrerer Nachkommastellen
\"uberein. Die Likelihood-Funktionen unterscheiden sich nur um eine
Konstante.
\begin{align*}
\ln(f_i) &= \ln(N_0) - \ln(\tau) + \ln(\Delta t) - \frac{(t_i + \Delta t/2)}{\tau}
\\
&= \ln(N) - \ln(\exp[-\frac{t_1}{\tau}]-\exp[-\frac{t_K+\Delta
t}{\tau}]) - \ln(\tau) + \ln(\Delta t) - \frac{(t_i + \Delta t/2)}{\tau} \\
&= \ln(N) + \ln(\Delta t) - \ln(\exp(-\frac{t_1}{\tau})\qty(1-\exp[-\frac{t_K-t_1+\Delta
t}{\tau}])) - \ln(\tau) - \frac{(t_i + \Delta t/2)}{\tau} \\
&= \ln(N) + \ln(\Delta t) + \frac{t_1}{\tau} - \ln(1-\exp[-\frac{t_K-t_1+\Delta
t}{\tau}]) - \ln(\tau) - \frac{(t_i + \Delta t/2)}{\tau} \\
&= \ln(N) + \ln(\Delta t) - \ln(1-\exp[-\frac{t_K-t_1+\Delta
t}{\tau}]) - \ln(\tau) - \frac{(t_i - t_1 + \Delta t/2)}{\tau} \\
&= \text{const.} - \ln(1-\exp[-\frac{T}{\tau}]) - \ln(\tau) -
\frac{\overbrace{(t_i - t_1 + \Delta t/2)}^{\text{Kanalmitten von 0
an}}}{\tau} \\
\end{align*}
Wenn man dies mit~\ref{eq:finalpoisson} und~\ref{eq:delta-tau}
vergleicht so kann man die Gleichheit erkennen. Die Äquivalenz ist
aus der N\"aherung des Integrals in~\ref{eq:fipoisson}
entstanden. Die beiden Methoden sind mit dieser N\"aherung also
\"aquivalent. (Oder den Autoren ist ein konzeptioneller
Fehler unterlaufen.)
\subsubsection{Auswertung mit der Gaußverteilung}
\label{sec:auw-gauss}
Die in~\ref{sec:likegauss} beschriebene Auswertung auf Basis der
Gauß'schen Normalverteilung verl\"auft numerisch analog
zu~\ref{sec:auw-poisson}. Auch hier stimmen die rechts und
linksseitigen Abweichung nach Rundung \"uberein.
Es ergibt sich f\"ur die Lebensdauer:
\begin{equation}
\label{eq:result-poisson}
\tau = \SI{2221\pm 28}{\nano\second}
\end{equation}
Die \(-2\ln{L}\) Funktion ist um ihr Minimum
in~\ref{fig:haupt-poisson} dargestellt.
\begin{figure}[h]\centering
\input{../auswertung/figs/haupt/gauss.pgf}
\caption{Das Minimum der \(-2\ln{L}\)-Funktion der
Gaußverteilung. Aufgetragen ist auch eine Horizontale eine
Einheit \"uber dem Minimum.}
\label{fig:haupt-poisson}
\end{figure}
Des Weiteren ergibt sich im Minimum ein \(\chi^2=243\). Bei \(n=128\)
Kan\"alen und einem Freiheitsgrad liegt dieser \(\chi^2\) Wert
innerhalb einer Standardabweichung und ist damit akzeptabel.
\subsubsection{Zusammenstellung und Diskussion der Ergebnisse}
\label{sec:disk}
Wie in~\ref{sec:myonenenst} beschrieben kann
\"uber~\ref{eq:kopplkonst} die Kopplungskonstante der schwachen
Wechselwirkung bestimmt werden.
In nat\"urlichen Einheiten mit
\(m_\mu = \SI{105.6583745\pm
0000024}{\mega\electronvolt}\)~\cite{codata} gilt:
\begin{align}
\label{eq:couplingconstant}
G_F &= \sqrt{\frac{192\pi^3}{m_\mu^5\tau_\mu}} \\
\Delta G_F &=
\frac{1}{2}\sqrt{\frac{192\pi^3}{m_\mu^5\tau_\mu^3}}\cdot \Delta \tau
\end{align}
Die Ergebnisse der statistischen Auswertung der Langzeitmessung und
die daraus gewonnen Ungenauigkeiten sind
in~\ref{tab:summary} aufgelistet.
\begin{table}[H]
\centering
\begin{tabular}{l|S|S|S|S}
\toprule
& {\(\tau\) [\si{\nano\second}]} & {\(\Delta\tau\) [\si{\nano\second}]} & {\(G_F\)
[\SI{1e-5}{\giga\electronvolt^{-2}}]}
& {\(\Delta G_F\)
[\SI{1e-8}{\giga\electronvolt^{-2}}]}
\\
\midrule
Exp. Zerf. & 2220 & 50 & 1.159 & 12 \\
Poissonvert. & 2216 & 30 & 1.159 & 8 \\
Normalvert. & 2221 & 28 & 1.158 & 8 \\
Literatur\cite{codata}\cite{pdg} & 2196.9811 & 0.0022 &
1.1663787
& 0.0006
\end{tabular}
\caption[Zusammenfassung der Ergebnisse]{Zusammenfassung der
Ergebnisse der statistischen Auswertung und Berechnung der
Fermikonstante.}
\label{tab:summary}
\end{table}
Die in diesem Experiment gewonnen Werte stimmen innerhalb der
Abweichungsgrenzen miteinander und mit der Literatur\"uberein,
wenngleich die Zentralwerte einen bias nach oben zu haben
scheinen. Ein bias ist nach~\cite[84]{Barlow} aber bei der Maximum
Likelihood Methode inh\"arent, verschwindet aber bei gro\ss{}en
Stichproben. (Siehe z.B. auch die asymmetrische \(\chi^2\) Verteilung.)
Die durch die Poisson- und Gaußverteilung gewonnen Werte f\"ur
Lebensdauer und \(G_F\) stimmen innerhalb der Abweichungsgrenzen mit
der Literatur \"uberein.
Da die Methoden der Poissonverteilung und des Exp. Zerfalls hier
\"ubereinstimmen, sollten demnach auch die Abweichungen gleich
sein. Die wahre Abweichung wird wahrscheinlich zwischen den beiden
angegeben Werten liegen, wobei gegen\"uber der Gauß'schen
Fehlerfortpflanzung die bereits erw\"ahnten Reservierungen
gelten. Die Angabe von zwei getrennten Ergebnissen mit
unterschiedlicher Rundung ist hier also strenggenommen falsch, wird
aber zur Illustration des Einflusses der Abweichung auf die Rundung so
belassen. Als Folge ist hier wahrscheinlich auch die Abweichung des
Wertes aus der Gaußverteilung untersch\"atzt.
%% Obsolete
% Die Werte aus der Poissonverteilung und dem
% Exp. Zerfall w\"urden \"ubereinstimmen, wenn nicht die gro\ss{}e
% Abweichung des Ergebnisses aus dem Exp. Zerfall eine andere
% Rundungsgenauigkeit bedingen w\"urde. So aber sind die Werte nicht
% direkt vergleichbar, da sich ihre Abweichungen ma\ss{}geblich
% unterscheiden. Es kann aber generell der Schluss gezogen werden, dass
% die Genauigkeit der beiden anderen Methoden eine ma\ss{}gebliche
% Verbesserung gegen\"uber der Methode nach dem Exp. Zerfallsgesetz
% darstellen. Die eingebaute Diskretisierung scheint dort
% ausschlaggebend zu sein.
%% OBSOLETE
% Die Rundung der Zeitwerte zu den Kanalmitten hin entstandenen
% Abweichungen in der Gr\"o\ss{}enordnung von \SI{20}{\nano\second}
% wurden in der Diskussion der Abweichung vernachlässigt, da sich bei
% gro\ss{}en Ereigniszahlen herausmitteln sollten. Rechnet man naiv mit
% der Gauß'schen Fehlerfortpflanzung ohne Korrelation mit einer
% pauschalen Zeitunsicherheit von \SI{20}{\nano\second} so ergibt sich
% nur ein zu vernachlässigende zus\"atzliche Abweichung
% \(<\SI{1}{\nano\second}\). Auch der diskreten Natur der Ereignisse
% wird im exponentiellen Zerfallsgesetz nicht Rechnung getragen, welche
% aber bei vielen Ereignissen in den Hintergrund treten sollten. Zudem
% ist die direkte Auswertung nach dem exponentiellen Zerfallsgesetz
% anf\"alliger f\"ur Verzerrungen der Zerfallskurve durch andere
% Prozesse, da hier Abweichungen von dieser bei kleinen Zeiten st\"arker
% ins Gewicht fallen (kurve steiler).
Die Ergebnisse aus der Gaußverteilung liegen nahe denen aus der
Poissonverteilung, so wie auch deren Unsicherheiten. Dies ist zu
erwarten, da die Gaußverteilung ein Grenzfall der Poissonverteilung
f\"ur gro\ss{}e Erwartungswerte, die hier vorliegen, ist. Unter
Vernachl\"assigung systematischer Faktoren ist zu vermuten, dass sich
durch l\"angere Messung kleinere Unsicherheiten und weitere
Ann\"aherung an den Literaturwert m\"oglich ist.
Da nach testweiser Modifikation des betrachteten Kanalintervalls alle
drei Auswertungsmethoden starke Abweichung zeigen, scheint die
Beeinflussung duch andere Prozesse als den Myonenzerfall (besonders
bei kleinen Zeiten) außerhalb des f\"ur den Myonenzerfall typischen
Zeitraums sehr gro\ss{} zu werden (besonders bei kleinen Zeiten, da das
Myon relativ langlebig ist). Um eine hohe Pr\"azision wie in den
Literaturwerten zu gew\"ahrleisten, m\"ussen diese auch betrachtet
werden. Auch werden in modernen Experimenten mehrere Myonenzerf\"alle
pro Koinzidenzinterval Analysiert um die gewonnene Datenmenge zu
vergr\"o\ss{}ern. Der dabei entstehende \"Uberlapp von Ereignissen
muss dann ber\"ucksichtigt werden.~\cite{fast} Bei der in diesem
Experiment vorliegenden mittleren Ereignisrate von
\(\SI{52791/502051}{\per\second} \approx \SI{.1}{\per\second}\ll\tau\)
ist aber die Wahrscheinlichkeit f\"ur Gleichzeitige Koinzidenzen sehr
gering. Da PM3 bei der gew\"ahlten Spannung bereits \"uber \(100\)
Ereignisse pro Minute z\"ahlt (und damit PM1 und PM2 \"ahnliche
Z\"ahlraten aufweisen sollten) kann es eventuell vorkommen, dass eine
Koinzidenz genau in der Totzeit eines Detektors ertrinkt. Es wurde
w\"ahrend des Versuch leider vers\"aumt die Todzeiten oder Pulsbreiten
der Photomultiplier zu ermitteln und somit kann dieser Effekt nicht
abgesch\"atzt werden, es wird aber vermutet, dass auch dieser Effekt
eine kleinere Rolle spielt.
\newpage
\section{Verzeichnisse}
\label{sec:literatur}
\listoffigures
\listoftables
\printbibliography
\end{document}