diff --git a/LM/protokoll/figs/Versuchsaufbau.PNG b/LM/protokoll/figs/Versuchsaufbau.PNG new file mode 100644 index 0000000..1cc38a5 Binary files /dev/null and b/LM/protokoll/figs/Versuchsaufbau.PNG differ diff --git a/LM/protokoll/protokoll.tex b/LM/protokoll/protokoll.tex index ae5d3d6..d33fbe4 100644 --- a/LM/protokoll/protokoll.tex +++ b/LM/protokoll/protokoll.tex @@ -21,6 +21,242 @@ supervisor=Anne-Sophie\ Berthold, coursedate=13.\ 12.\ 2019]{../../Lab_Report_La \section{Einleitung} \label{sec:einl} +\subsection{Myonenentstehung durch primäre Höhenstrahlung} +\label{sec:myonenenst} + +Im Versuch wird die mittlere Lebensdauer von Myonen gemessen. +Die gemessenen Myonen entstehen durch Teilchenkollisionen und -zerfällen in ca. +\(\SI{10}{\kilo\metre}\) Höhe. Dort trifft die primäre Höhenstrahlung, die zu +\(\SI{85}{\percent}\) aus hochenergetischen Protonen besteht, auf die Erdatmosphäre. +Die Protonen kollidieren also mit den Atomkernen der Atmosphäre, wodurch neben anderen Teilchen +auch geladene Pionen entstehen: + +\begin{align}\label{eq:pionen} + p + p \rightarrow p + n + \pi^+ \\ + p + n \rightarrow p + p + \pi^- +\end{align} + +Jedes dieser Pionen wiederum zerfällt mittels der schwachen Wechselwirkung innerhalb von +\(\SI{2,6e-8}{\second}\): + +\begin{align}\label{eq:myonen} +\pi^+ \rightarrow \mu^+ + \nu_\mu \\ +\pi^- \rightarrow \mu^- + \bar\nu_\mu +\end{align} + +Diese bei dem Pionenzerfall entstandenen Myonen zerfallen nach einer mittleren Lebensdauer von +\(\tau_\mu = \SI{2,19703\pm0,00004e-6}{\second}\) weiter: + +\begin{align} + \mu^+ \rightarrow e^+ + \nu_e + \bar\nu_\mu \\ + \mu^- \rightarrow e^- + \bar\nu_e + \nu_\mu +\end{align} + +Die Höhenstrahlung, die die Erdoberfläche erreicht besteht zu mehr als \(\SI{70}{\percent}\) +aus Myonen. Die bei oben beschriebenen Prozessen entstehenden Myonen erreichen nur die +Erdoberfläche, da sie sich mit relativistischen Geschwindigkeiten bewegen und somit sowohl +Zeitdilatation als auch die Längenkontraktion eine Rolle spielen.\\ + +Durch Bestimmung der Lebensdauer der Myonen kann man die Kopplungskonstante der schwachen +Wechselwirkung bestimmen: + +\begin{equation} \label{eq:kopplkonst} + \tau_\mu^-1 = G_F^2 \cdot \frac{m_\mu^5}{192 \pi^3} +\end{equation} + +\(\mu^+\) und \(\mu^-\) haben ziemlich genau die gleichen Lebensdauern. +Der \(\mu^-\)-Einfang, der nur die negativ geladenen Myonen betrifft kann allerdings deren +die Lebensdauer stark reduzieren. +Kommt ein negativ geladenes Myon in Materie zur Ruhe, wird es von einem Atom aufgrund der +elektromagnetischen Wechselwirkung eingefangen und erreicht in diesem nach nicht einmal +\(\SI{e-12}{\second}\) den Grundzustand. Nach erreichen des Grundzustandes überlappen die +Wellenfunktionen des Atomkerns und des Myons miteinander. Durch diese Überlappung kann es dazu +kommen, dass das Myon von Kern absorbiert wird (\(\mu^- + p \rightarrow n + \nu_\mu\)), sodass +dieser Prozess mit dem des freien Zerfalls in Konkurrenz tritt und sich die effektive Lebensdauer +des negativ geladenen Myons verkürzt. + +\begin{equation}\label{eq:efflebenszeit} + \frac{1}{\tau} = \frac{1}{\tau_0} + \frac{1}{\tau_c} +\end{equation} + +\begin{conditions} + \(\tau_c\) & \(\mu^-\)-Lebensdauer bei Einfang +\end{conditions} + +\subsection{Messaufbau und Detektorfunktionsweise} +\label{sec:aufbau} + +Eine Skizze der im Versuch verwendeten Messanordnung ist in~\ref*{fig:aufbau} zu sehen. +Sie besteht aus drei Photomultipliern und Szintillatoren sowie zwei Kupferplatten, die je +\(\SI{1}{\centi\metre}\) dick sind. Zwei der Szintillatoren befinden sich oberhalb der Kupferplatten +und entsprechend eine unterhalb. +Wenn ein Myon im Kupfer gestoppt wird geben PM1 und PM2 ein Signal aus, nicht jedoch PM3. Wird ein +solches Ereignis gemessen wird die Zeitmessung gestartet und gestoppt, wenn entweder +\(\SI{10}{\micro\second}\) vergangen sind, um zufällige Koinzidenzen, die beispielsweise durch +den niederenergetischen Anteil der Höhenstrahlung auftreten können, zum größten Teil +herausfiltern zu können, oder +ein nach oben emittiertes Positron von PM2 gemessen wird bzw. ein nach unten emittiertes in +PM3 detektiert wird. Ein Diskriminator wandelt anschließend noch die PM-Signale in Signale mit der +gleichen Ausgangsbreite von \(\SI{41,7}{\nano\second}\) um. Alle gemessenen Ereignisse werden +zum Schluss von einem an den Aufbau angeschlossenen PC verarbeitet. + +\begin{figure}[H]\centering + \includegraphics[width=.5\columnwidth]{./Versuchsaufbau.png} + \caption{Schematische Abbildung der Messanordnung.} + \label{fig:aufbau} +\end{figure} + +\subsubsection{Szintillator} +\label{sec:szinti} + +Wenn in das Szintillatormaterial, das organischer oder anorganischer Natur sein kann, ionisierende +Strahlung eintritt, wie in diesem Versuch hauptsächlich Myonenstrahlung sowie Strahlung aus +Elektronen und Positronen, entstehen bei Stoßprozessen innerhalb des Materials Elektronen, Löcher +oder Elektron-Loch-Paare (so genannte Exzitonen). Diese diffundieren durch das Detektormaterial +bis sie auf einen Aktivator treffen, bei dem diese Ladungsträger rekombinieren und dadurch +Photonen emittieren. Diese Photonen haben nun eine Wellenlänge, die sich im Bereich sichtbaren +Lichts befindet, und gelangen durch den Szintillator zum angeschlossenen Photomultiplier. + +\subsubsection{Photomultiplier} +\label{sec:photomulti} + +Im Photomultiplier (PM) treffen die Photonen aus dem Szintillator zunächst auf eine Photodiode, +die die auftreffenden Photonen mit Hilfe des Photoeffekts in ein elektrisches Signal umwandelt. +Je nachdem wie viele Photonen auftreffen, kann dieses Signal aus nur wenigen Elektronen bestehen. +Um das Signal messen zu können, wird es in einem Sekundärelektronenvervielfältiger verstärkt. +In diesem Vervielfältiger liegt eine Hochspannung an, sodass sich alle Elektronen in eine Richtung +bewegen. Während ihrer Reise gen Anode treffen sie immer wieder auf Dynoden aus denen sie +weitere Elektronen herauslösen. Dadurch wird die Zahl der Elektronen exponentiell größer. +Die Elektronenanzahl, die am Ende gemessen wird, hängt dabei erstens von der Anzahl der Photonen +ab, die eingangs auf die Photodiode getroffen sind, aber auch von der Hochspannung, weswegen diese +genau eingestellt werden muss. + +\subsection{Likelihood-Methode} +\label{sec:likemeth} + +Die so genannte Maximum-Likelihood-Methode ist eine Methode mit der man aus zuvor gemessenen Daten +eine gesuchte, aber natürlich unbekannte, Größe abschätzt. Man bestimmt also den Wert, für den +es am wahrscheinlichsten ist, die zuvor gemessenen Daten zu messen.\\ + +Um diese Methode anwenden zu können, muss die Wahrscheinlichkeitsdichteverteilung \(P(\vec{x},\tau)\) +der gemessenen Werte in Abhängigkeit der unbekannten, also gesuchten Größe +\(\tau\) bekannt sein (\(\vec{x}\) meint hier die Gesamtheit der Messdaten). +Mit Hilfe dieser Verteilungen ergibt sich die Likelihood-Funktion \(L\) +dann aus dem Produkt über all dieser. + +\begin{equation}\label{eq:likefkt} + L(\vec{x},\tau) = \prod_{i=1}^{N} P(x_i,\tau) +\end{equation} + +Um nun aus~\ref{eq:likefkt} den wahrscheinlichsten Wert herauszufinden, muss diese Funktion +maximiert werden. Praktisch maximiert man allerdings den Logarithmus der Funktion, da dies +einfacher ist, weil sich das Produkt dadurch in eine Summe umwandelt. Es muss also gelten +(\(\hat\tau\) meint hier den wahrscheinlichsten Wert): + +\begin{equation}\label{eq:likediff} + \frac{d \ln L}{d a} \mid_{\tau = \hat{\tau}} = 0 +\end{equation} + +In diesem Versuch gibt es drei verschiedene Möglichkeiten, die Maximum-Likelihood-Methode +anzuwenden, die im Folgenden kurz umrissen werden sollen. + +\subsubsection{Max-Log-Likelihood-Methode und das exponentielle Zerfallsgesetz} +\label{eq:likezerfall} + +Myonen zerfallen nach dem exponentiellen Zerfallsgesetz: + +\begin{equation}\label{eq:zerfall} + N(t) = N(t_0) \cdot \exp[-\frac{t-t_0}{\tau}] +\end{equation} + +Die Wahrscheinlichkeitsdichte ergibt sich damit zu: + +\begin{equation}\label{eq:wahrzerfall} + P(t_i,\tau) = \frac{1}{\tau} \cdot e^{-t_i/\tau} +\end{equation} + +Diese Gleichung gilt allerdings nur für eine unendliche Beobachtungszeit, da hier das Integral +von \(t = 0\) bis \(t = \infty\) 1 ergibt. +Da eine Beobachtungszeit solcher Länge unmöglich zu realisieren ist, muss~\ref{eq:wahrzerfall} +für Zeiten bis maximal \(T\) normiert werden: + +\begin{equation}\label{eq:modzerfall} + P(t_i,\tau) = \frac{1}{\tau}e^{-t_i/\tau} \cdot \frac{1}{1-e^{-\frac{T}{\tau}}} +\end{equation} + +Daraus folgt: + +\begin{equation}\label{key} + \ln L = \sum (-\frac{t_i}{\tau} - \ln\tau - \ln(1-e^{-T/\tau})) +\end{equation} + +und + +\begin{equation}\label{key} + \hat\tau = \frac{1}{N} \sum t_i + \frac{T e^{-\frac{T}{\tau}}}{1-e^{-\frac{T}{\tau}}} +\end{equation} + +Bei dieser Methode muss in diesem Experiment allerdings beachtet werden, dass keine \(N\) +unterschiedliche Zeiten, sondern \(K\) Kanäle mit \(N_i\) Counts im \(i\)-ten Kanal gemessen +werden. Jeder Messwert ist mit einer statistischen Messungenauigkeit \(\sqrt{N_i}\) behaftet. +Unter Berücksichtigung dieser Besonderheiten folgt für \(\hat\tau\): + +\begin{equation}\label{key} + \hat\tau = \frac{1}{N} \sum_{k=1}^{K}N_k\cdot t_k + Korrektur +\end{equation} + +Für die Standardabweichung ergibt sich aus der Fehlerfortpflanzung: + +\begin{equation}\label{key} + \sigma_{\hat\tau} = \frac{1}{N} \sqrt{\sum N_k \cdot t_k^2} +\end{equation} + +\subsubsection{Max-Likelihood-Methode und die Poissonverteilung} +\label{sec:likepoisson} + +Da es sich bei diesem Experiment um Zählmessungen handelt (man hat \(f_i\) Einträge pro +Zeitkanal \(i\)), ist die Poissonverteilung mit dem mittleren Erwartungswert \(f\) eine gute +Möglichkeit, die Messungen statistisch zu beschreiben. Die Wahrscheinlichkeit, \(N_i\) Einträge +im \(i\)-ten Zeitkanal zu messen, wird durch folgende Wahrscheinlichkeitsdichteverteilung +beschrieben: + +\begin{equation}\label{eq:poisson} + P(N_i,f_i) = \frac{f_i^{N_i} \cdot e^{-f_i}}{N_i !} +\end{equation} + +Mit der Varianz um für \(N_i\) um den entsprechenden Mittelwert \(f_i\): + +\begin{equation}\label{key} + \sigma_i^2 = f_i +\end{equation} + +Es ergibt sich für die logarithmierte Likelihood-Funktion: + +\begin{equation}\label{key} + -2\ln L = -2\sum_{i} N_i \ln f_i +2N +2\sum_{i} \ln(N_i!) +\end{equation} + +Da der Term \(2N +2\sum_{i} \ln(N_i!)\) nicht von der gesuchten Größe \(\tau\) abhängt, reicht es +aus \(-2\sum_{i} N_i \ln f_i\) über \(\tau\) aufzutragen. + +\subsubsection{Max-Log-Likelihood-Methode und Gaußverteilung} +\label{sec:likegauss} + +Für den Grenzfall großer Erwartungswerte, bedeutet mindestens \(f_i > 10\) pro Kanal, also für +eine große Observationszeit (hier eine Langzeitmessung, die eine Woche lang läuft), geht die +Poissonverteilung in die Gaußverteilung über. Für das hier durchgeführte Experiment ergibt sich +die Wahrscheinlichkeitsdichteverteilung zu: + +\begin{equation}\label{eq:wahrgauss} + P(N_i,\tau) = \frac{1}{\sqrt{2\pi \sigma_i^2}} \cdot \exp[-\frac{(N_i-f_i)^2}{2\sigma_1^2}] +\end{equation} + +Analog zur Poissonverteilung folgt für die logarithmierte Likelihoodfunktion: + +\begin{equation}\label{key} + -2\ln L = \sum_{i}\ln () +\end{equation} + \section{Verzeichnisse} \label{sec:literatur}