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TeX
\documentclass[11pt]{article}
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\usepackage[a4paper,left=2cm,right=2cm,top=2cm,bottom=4cm,bindingoffset=5mm]{geometry}
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\usepackage{scrpage2}
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\usepackage{amsmath}
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\usepackage{paralist}
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\usepackage{amssymb}
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\usepackage{framed}
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\usepackage{booktabs}
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\usepackage[ngerman]{babel}
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\title{\textbf{Lineare Algebra 1. Semester (WS2017/18)}}
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\author{Dozent: Prof. Dr. Arno Fehm}
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\date{}
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\begin{document}
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\maketitle
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\renewcommand*{\arraystretch}{1.4}
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\raggedright
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\section{Grundgegriffe der Linearen Algebra}
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\subsection{Logik und Mengen}
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Wir werden die Grundlagen der Logik und der Mengenlehre kurz ansprechen.
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\subsubsection{\"Uberblick \"uber die Aussagenlogik}
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Jede mathematisch sinnvolle Aussage ist entweder wahr oder falsch, aber nie beides!
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\begin{compactitem}
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\item "$1+1=2$" $\to$ wahr
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\item "$1+1=3$" $\to$ falsch
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\item "Es gibt unendlich viele Primzahlen" $\to$ wahr
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\end{compactitem}
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||
Man ordnet jeder mathematischen Aussage $A$ einen Wahrheitswert "wahr" oder "falsch" zu. Aussagen
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lassen sich mit logischen Verkn\"upfungen zu neuen Aussagen zusammensetzen.
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\begin{compactitem}
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||
\item $\lor \to$ oder
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\item $\land \to$ und
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\item $\lnot \to$ nicht
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\item $\Rightarrow \to$ impliziert
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\item $\iff \to$ \"aquivalent
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\end{compactitem}
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Sind also $A$ und $B$ zwei Aussagen, so ist auch $A \lor B$, $A \land B$, $\lnot A$,
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$A \Rightarrow B$ und $A \iff B$ Aussagen. Der Wahrheitswert einer zusammengesetzen Aussage ist
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eindeutig bestimmt durch die Wahrheitswerte ihrer Einzelaussagen.
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\begin{compactitem}
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\item $\lnot (1+1=3) \to$ wahr
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\item "2 ist ungerade" $\Rightarrow$ "3 ist gerade" $\to$ wahr
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||
\item "2 ist gerade" $\Rightarrow$ "Es gibt unendlich viele Primzahlen" $\to$ wahr
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||
\end{compactitem}
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$\newline$
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\begin{center}
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\begin{tabular}{|c|c|c|c|c|c|c|}
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||
\hline
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||
$A$ & $B$ & $A \lor B$ & $A \land B$ & $\lnot A$ & $A \Rightarrow B$ & $A \iff B$\\
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\hline
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w & w & w & w & f & w & w\\
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||
\hline
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||
w & f & w & f & f & f & f\\
|
||
\hline
|
||
f & w & w & f & w & w & f\\
|
||
\hline
|
||
f & f & f & f & w & w & w\\
|
||
\hline
|
||
\end{tabular}
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||
\end{center}
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\subsubsection{\"Uberblick \"uber die Pr\"adikatenlogik}
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Wir werden die Quantoren
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\begin{compactitem}
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\item $\forall$ (Allquantor, "f\"ur alle") und
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\item $\exists$ (Existenzquantor, "es gibt") verwenden.
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||
\end{compactitem}
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||
Ist $P(x)$ eine Aussage, deren Wahrheitswert von einem unbestimmten $x$ abh\"angt, so ist \\
|
||
$\forall x: P(x)$ genau dann wahr, wenn $P(x)$ f\"ur alle $x$ wahr ist, \\
|
||
$\exists x: P(x)$ genau dann wahr, wenn $P(x)$ f\"ur mindestens ein $x$ wahr ist. \\
|
||
$\newline$
|
||
Insbesondere ist $\lnot \forall x: P(x)$ genau dann wahr, wenn $\exists x: \lnot P(x)$ wahr ist. \\
|
||
Analog ist $\lnot \exists x: P(x)$ genau dann wahr, wenn $\forall x: \lnot P(x)$ wahr ist.
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||
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||
\subsubsection{\"Uberblick \"uber die Beweise}
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||
Unter einem Beweis verstehen wir die l\"uckenlose Herleitung einer mathematischen Aussage aus einer
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Menge von Axiomen, Vorraussetzungen und schon fr\"uher bewiesenen Aussagen. \\
|
||
Einige Beweismethoden:
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\begin{compactitem}
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||
\item \textbf{Widerspruchsbeweis} \\
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Man nimmt an, dass eine zu beweisende Aussage $A$ falsch sei und leitet daraus ab, dass eine
|
||
andere Aussage sowohl falsch als auch wahr ist. Formal nutzt man die G\"ultigkeit der Aussage
|
||
$\lnot A \Rightarrow (B \land \lnot B) \Rightarrow A$.
|
||
\item \textbf{Kontraposition} \\
|
||
Ist eine Aussage $A \Rightarrow B$ zu beweisen, kann man stattdessen die Implikation
|
||
$\lnot B \Rightarrow \lnot A$ beweisen.
|
||
\item \textbf{vollst\"andige Induktion} \\
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||
Will man eine Aussage $P(n)$ f\"ur alle nat\"urlichen Zahlen zeigen, so gen\"ugt es, zu zeigen,
|
||
dass $P(1)$ gilt und dass unter der Induktionsbehauptung $P(n)$ stets auch $P(n+1)$ gilt
|
||
(Induktionschritt). Dann gilt $P(n)$ f\"ur alle $n$. \\
|
||
Es gilt also das Induktionsschema: $P(1) \land \forall n: (P(n) \Rightarrow P(n+1)) \Rightarrow
|
||
\forall n: P(n)$.
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||
\end{compactitem}
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||
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\subsubsection{\"Uberblick \"uber die Mengenlehre}
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Jede Menge ist eine Zusammenfassung bestimmter wohlunterscheidbarer Objekte zu einem Ganzen. Eine
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Menge enth\"alt also solche Objekte, die Elemente der Menge. Die Menge ist durch ihre Elemente
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vollst\"andig bestimmt. Diese Objekte k\"onnen f\"ur uns verschiedene mathematische Objekte, wie
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Zahlen, Funktionen oder andere Mengen sein. Man schreibt $x \in M$ bzw. $x \notin M$, wenn x ein
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bzw. kein Element der Menge ist. \\
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$\newline$
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||
Ist $P(x)$ ein Pr\"adikat, so bezeichnet man eine Menge mit $X := \{x \mid P(x)\}$. Hierbei muss
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man vorsichtig sein, denn nicht immer lassen sich alle $x$ f\"ur die $P(x)$ gilt, widerspruchsfrei
|
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zu einer Menge zusammenfassen. \\
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$\newline$
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||
\textbf{Beispiel: endliche Mengen} \\
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Eine Menge hei{\ss}t endlich, wenn sie nur endlich viele Elemente enth\"alt. Endliche Mengen
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notiert man oft in aufz\"ahlender Form: $M = \{1;23;4;5;6\}$. Hierbei ist die Reihenfolge
|
||
der Elemente nicht relevant, auch nicht die H\"aufigkeit eines Elements. \\
|
||
Sind die Elemente paarweise verschieden, dann ist die Anzahl der Elemente die M\"achtigkeit
|
||
(oder Kardinalit\"at) der Menge, die wir mit $|M|$ bezeichnen. \\
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||
$\newline$
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\textbf{Beispiel: unendliche Mengen} \\
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\begin{compactitem}
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\item Menge der nat\"urlichen Zahlen: $\mathbb N := \{1,2,3,4,...\}$
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||
\item Menge der nat\"urlichen Zahlen mit der 0: $\mathbb N_0 := \{0,1,2,3,4,...\}$
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||
\item Menge der ganzen Zahlen: $\mathbb Z := \{...,-2,-1,0,1,2,...\}$
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||
\item Menge der rationalen Zahlen: $\mathbb Q := \{\frac p q \mid p,q \in \mathbb Z, q
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\neq 0\}$
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||
\item Menge der reellen Zahlen: $\mathbb R := \{x \mid x$ ist eine reelle Zahl$\}$
|
||
\end{compactitem}
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||
Ist $M$ eine Menge, so gilt $|M|=\infty$ \\
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$\newline$
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||
\textbf{Beispiel: leere Mengen} \\
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Es gibt genau eine Menge, die keine Elemente hat, die leere Menge $0 := \{\}$.
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\begin{framed}
|
||
\textbf{Definition Teilmenge:} Sind $X$ und $Y$ zwei Mengen, so heißt $X$ eine Teilmenge von
|
||
$Y$, wenn jedes Element von $X$ auch Element von $Y$ ist, dass heißt wenn für alle
|
||
$x$ $(x \in X \Rightarrow x \in Y)$ gilt.
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||
\end{framed}
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||
Da eine Menge durch ihre Elemente bestimmt ist, gilt $X = Y \Rightarrow (X \subset Y)\land
|
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(Y \subset X)$. Will man Mengengleichheit beweisen, so gen\"ugt es, die beiden Inklusionen
|
||
$X \subset Y$ und $Y \subset X$ zu beweisen. \\
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$\newline$
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||
|
||
Ist $X$ eine Menge und $P(x)$ ein Pr\"adikat, so bezeichnet man mit $Y:= \{x \in X \mid
|
||
P(x)\}$ die Teilmenge von $X$, die das Pr\"adikat $P(x)$ erf\"ullen. \\
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||
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||
\begin{framed}
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||
\textbf{Definition Mengenoperationen:} Seien $X$ und $Y$ Mengen. Man definiert daraus
|
||
weitere Mengen wie folgt:
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\begin{compactitem}
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||
\item $X \cup Y := \{x \mid x \in X \lor x \in Y\}$
|
||
\item $X \cap Y := \{x \mid x \in X \land x \in Y\}$
|
||
\item $X \backslash Y := \{x \in X \mid x \notin Y\}$
|
||
\item $X \times Y := \{(x,y) \mid x \in X \land y \in Y\}$
|
||
\item $\mathcal P(X) := \{Y \mid Y \subset X\}$
|
||
\end{compactitem}
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\end{framed}
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||
Neben den offensichtlichen Mengengesetzen, wie dem Kommutaivgesetz, gibt es auch weniger
|
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offensichtliche Gesetze, wie die Gesetze von de Morgan: F\"ur $X_1, X_2 \subset X$ gilt:
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\begin{compactitem}
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||
\item $X \backslash (X_1 \cup X_2) = (X \backslash X_1) \cap (X \backslash X_2)$
|
||
\item $X \backslash (X_1 \cap X_2) = (X \backslash X_1) \cup (X \backslash X_2)$
|
||
\end{compactitem}
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$\newline$
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||
|
||
Sind $X$ und $Y$ endliche Mengen, so gilt:
|
||
\begin{compactitem}
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||
\item $|X \times Y| = |X| \cdot |Y|$
|
||
\item $|\mathcal P(X)| = 2^{|X|}$
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\end{compactitem}
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\subsection{Abbildungen}
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\subsubsection{\"Uberblick \"uber Abbildungen}
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Eine Abbildung $f$ von eine Menge $X$ in einer Menge $Y$ ist eine Vorschrift, die jedem $x \in X$
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auf eindeutige Weise genau ein Element $f(x) \in Y$ zuordnet. Man schreibt dies als
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\begin{equation*}
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f:
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\begin{cases}
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||
X \to Y \\ x \mapsto y
|
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\end{cases}
|
||
\end{equation*}
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||
oder $f: X \to Y, x \mapsto y$ oder noch einfacher $f: X \to Y$. Dabei hei{\ss}t $X$ die
|
||
Definitions- und $Y$ die Zielmenge von $f$. Zwei Abbildungen heißen gleich, wenn ihre
|
||
Definitionsmengen und Zielmengen gleich sind und sie jedem $x \in X$ das selbe Element
|
||
$y \in Y$ zuordnen. Die Abbildungen von $X$ nach $Y$ bilden wieder eine Menge, welche wir
|
||
mit \textbf{Abb($X$,$Y$)} bezeichnen. \\
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||
$\newline$
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||
Beispiele: \\
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\begin{compactitem}
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||
\item Abbildungen mit Zielmenge $\mathbb R$ nennt man Funktion: $f: \mathbb R \to \mathbb
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||
R, x \mapsto x^2$
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||
\item Abbildungen mit Zielmenge $\subset$ Definitionsmenge: $f: \mathbb R \to \mathbb
|
||
R_{\le 0}, x \mapsto x^2$ \\
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||
$\to$ Diese Abbildungen sind verschieden, da sie nicht die selbe Zielmenge haben.
|
||
\item $f: \{0,1\} \to \mathbb R, x \mapsto x^2$
|
||
\item $f: \{0,1\} \to \mathbb R, x \mapsto x$ \\
|
||
$\to$ Diese Funktionen sind gleich. Sie haben die gleichen Definitions- und Zielmengen
|
||
und sie ordnen jedem Element der Definitionsmenge das gleiche Element der Zielmenge zu.
|
||
\end{compactitem}
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$\newline$
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||
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||
Beispiele: \\
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\begin{compactitem}
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\item auf jeder Menge $X$ gibt es die identische Abbildung (Identit\"at) \\ $id: X \to X, x
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\mapsto x$
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\item allgemein kann man zu jeder Teilmenge $A \subset X$ die Inklusionsabbildung zuordnen
|
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$\iota_A: A \to X, x \mapsto x$
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\item zu je zwei Mengen $X$ und $Y$ und einem festen $y_0 \in Y$ gibt es die konstante
|
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Abbildung $c_{y_0}: X \to Y x \mapsto y_0$
|
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\item zu jder Menge $X$ und Teilmenge $A \subset X$ definiert man die charackteristische
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Funktion\\ $\chi_A: X \to \mathbb R,
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\begin{cases}
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x \mapsto 1 \quad(x \in A) \\ x \mapsto 0 \quad(x \notin A)
|
||
\end{cases}
|
||
$
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||
\item zu jeder Menge $X$ gibt es die Abbildung \\ $f: X \times X \to \mathbb R, (x,y) \mapsto
|
||
\delta_{x,y} \begin{cases} 1 \quad (x=y) \\ 0 \quad (x \neq y) \end{cases}$
|
||
\end{compactitem}
|
||
$\newline$
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||
|
||
\textbf{Eigenschaften von Funktionen:} \\
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\begin{compactitem}
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||
\item injektiv: Zuordnung ist eindeutig: $F(m_1) = F(m_2) \Rightarrow m_1=m_2$ \\
|
||
Bsp: $x^2$ ist nicht injektiv, da $F(-2)=F(2)=4$
|
||
\item surjektiv: $F(M)=N$ ($\forall n \in N \; \exists m \in M \mid F(m)=n$) \\
|
||
Bsp: $sin(x)$ ist nicht surjektiv, da es kein $x$ f\"ur $y=27$ gibt
|
||
\item bijektiv: injektiv und surjektiv
|
||
\end{compactitem}
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||
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\begin{framed}
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||
\textbf{Definition Einschr\"ankung:} Sei $f: x \mapsto y$ eine Abbildung. F\"ur $A \subset X$
|
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definiert man die Einschr\"ankung/Restrikton von $f$ auf $A$ als die Abbildung $f \mid_A
|
||
A \to Y, a \mapsto f(a)$. \\
|
||
Das Bild von $A$ unter $f$ ist $f(A) := \{f(a): a \in A\}$. \\
|
||
Das Urbild einer Menge $B \subset Y$ unter $f$ ist $f^{-1} := \{x \in X: f(x) \in B\}$. \\
|
||
Man nennt $Image(f) := f(X)$ das Bild von $f$.
|
||
\end{framed}
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||
\textbf{Bemerkungen zur abstrakteren Betrachtungsweise:} \\
|
||
Man ordnet der Abbildung $f: X \to Y$ auch die Abbildungen $\mathcal P(X) \to \mathcal P(Y)$ und
|
||
$\mathcal P(Y) \to \mathcal P(X)$ auf den Potenzmengen zu. Man benutzt hier das gleiche
|
||
Symbol $f(…)$ sowohl für die Abbildung $f: X \to Y$ als auch f\"ur $f: P(X) \to P(Y)$, was
|
||
unvorsichtig ist, aber keine Probleme bereiten sollte. \\
|
||
In anderen Vorlesungen wird f\"ur $y \in Y$ auch $f^{-1}(y)$ statt $f^{-1}(\{y\})$ geschrieben. \\
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||
$\newline$
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||
\textbf{Bemerkungen:} \\
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||
Genau dann ist $f: X \to Y$ surjektiv, wenn $Image(f)=Y$ \\
|
||
Genau dann ist $f: X \to Y \begin{cases} $injektiv$ \\ $surjektiv$ \\ $bijektiv$ \end{cases}$, wenn
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||
$|f^{-1}(\{y\})| = \begin{cases} \le 1 \\ \ge 1 \\ =1 \end{cases} \quad \forall y \in Y$ \\
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\begin{framed}
|
||
\textbf{Definition Komposition:} Sind $f: X \to Y$ und $g: Y \to Z$ Abbildungen, so ist die
|
||
Komposition $g \circ f$ die Abbildung $g \circ f := X \to Z, x \mapsto g(f(x))$. Man kann
|
||
die Komposition auffassen als eine Abbildung $\circ: Abb(Y,Z) \times Abb(X,Y) \to Abb(X,Z)$.
|
||
\end{framed}
|
||
|
||
\begin{framed}
|
||
\textbf{Satz:} Die Abbildung von Kompositionen ist assotiativ, d.h. es gilt: $h \circ (g
|
||
\circ f) = (h \circ g)\circ f$.
|
||
\end{framed}
|
||
|
||
\begin{framed}
|
||
\textbf{Definition Umkehrabbildung:} Ist $f: X \to Y$ bijektiv, so gibt es zu jedem $y \in Y$
|
||
genau ein $x_y \in X$ mit $f(x_y)=y$, durch $f^{-1}: Y \to X, y \mapsto x_y$ wird also eine
|
||
Abbildung definiert, die Umkehrabbildung zu $f$.
|
||
\end{framed}
|
||
|
||
\begin{framed}
|
||
\textbf{Satz:} Ist die Abbildung $f: X \to Y$ bijektiv, so gilt $f^{-1} \circ f = id_x$ und
|
||
$f \circ f^{-1} = id_y$.
|
||
\end{framed}
|
||
|
||
\textbf{Bemerkung:} \\
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||
Achtung, wir verwenden hier das selbe Symbol $f^{-1}$ f\"ur zwei verschiedene Dinge: Die Abbildung
|
||
$f^{-1}: \mathcal P(X) \to \mathcal P(Y)$ existiert f\"ur jede Abbildung $f: X \to Y$, aber die
|
||
Umkehrabbildung $f^{-1}: Y \to X$ existiert nur f\"ur bijektive Abbildungen $f: X \to Y$. \\
|
||
|
||
\begin{framed}
|
||
\textbf{Definition Familie:} Seien $I$ und $X$ Mengen. Eine Abbildung $x: I \to X, i \mapsto
|
||
x_i$ nennt man Familie von Elementen von $X$ mit einer Indexmenge I (oder I-Tupel von
|
||
Elementen von $X$) und schreibt diese auch als $(x_i)_{i \in I}$. Im Fall $I=\{1,2,...,n\}$
|
||
identifiziert man die I-Tupel auch mit den n-Tupeln. Ist $(x_i)_{i \in I}$ eine Familie von
|
||
Teilmengen einer Menge $X$, so ist
|
||
\begin{compactitem}
|
||
\item $\bigcup X_i = \{x \in X \mid \exists i \in I(x \in X)\}$
|
||
\item $\bigcap X_i = \{x \in X \mid \forall i \in I(x \in X)\}$
|
||
\item $\prod X_i = \{f \in Abb(I,X) \mid \forall i \in I(f(i) \in X_i)\}$
|
||
\end{compactitem}
|
||
Die Elemente von $\prod X_i$ schreibt man in der Regel als Familien $(x_i)_{i \in I}$.
|
||
\end{framed}
|
||
|
||
\textbf{Beispiel: } Eine Folge ist eine Familie $(x_i)_{i \in I}$ mit der Indexmenge $\mathbb N_0$.
|
||
|
||
\begin{framed}
|
||
\textbf{Definition Graph:} Der Graph einer Abbildung $f: X \to Y$ ist die Menge $\Gamma f:
|
||
\{(x,y) \in X \times Y \mid y=f(x)\}$.
|
||
\end{framed}
|
||
|
||
\textbf{Bemerkung: Formal korrekte Definition einer Abbildung:} \\
|
||
Eine Abbildung $f$ ist ein Tripel $(X,Y,\Gamma)$, wobei $\Gamma \subset X \times Y \quad \forall
|
||
x \in X$ genau ein Paar $(x,y)$ mit $y \in Y$ enth\"alt. Die Abbildungsvorschrift schickt dann
|
||
$x \in X$ auf das eindeutig bestimmte $y \in Y$ mit $(x,y) \in \Gamma$. Es ist dann $\Gamma =
|
||
\Gamma_f$.
|
||
|
||
\subsection{Gruppen}
|
||
\begin{framed}
|
||
\textbf{Definition Gruppe:} Sei $G$ eine Menge. Eine (innere, zweistellige) Verkn\"upfung
|
||
auf $G$ ist eine Abbildung $*: G \times G \to G, (x,y) \mapsto x*y$. Das Paar $(G,*)$ ist eine
|
||
Halbgruppe, wenn das folgende Axiom erf\"ullt ist: \\
|
||
(G1) F\"ur $x,y,z \in G$ ist $(x*y)*z=x*(y*z)$. \\
|
||
Eine Halbgruppe $(G,*)$ ist ein Monoid, wenn zus\"atzlich das folgende Axiom gilt: \\
|
||
(G2) Es gibt ein Element $e \in G$, welches f\"ur alle $x \in G$ die Gleichung $x*e=e*x=x$
|
||
erf\"ullt. Dieses Element hei{\ss}t dann neutrales Element der Verkn\"upfung $*$.
|
||
\end{framed}
|
||
|
||
\textbf{Beispiele:} \\
|
||
\begin{compactitem}
|
||
\item F\"ur jede Menge $X$ ist $(Abb(X,Y), \circ)$ eine Halbgruppe mit dem neutralen Element
|
||
$id_x$, also ein Monoid.
|
||
\item $\mathbb N$ bildet mit der Addition eine Halbgruppe $(\mathbb N,+)$, aber kein Monoid,
|
||
da die 0 nicht in Fehm's Definition der nat\"urlichen Zahlen geh\"orte
|
||
\item $\mathbb N_0$ bildet mit der Addition ein Monoid $(\mathbb N_0,+)$
|
||
\item $\mathbb N$ bildet mit der Multiplikation ein Monoid $(\mathbb N, \cdot)$
|
||
\item $\mathbb Z$ bildet mit der Multiplikation ein Monoid $(\mathbb Z, \cdot)$
|
||
\end{compactitem}
|
||
|
||
\begin{framed}
|
||
\textbf{Satz: (Eindeutigkeit des neutralen Elements)} Ein Monoid $(G,*)$ hat genau ein neutrales
|
||
Element.
|
||
\end{framed}
|
||
|
||
\begin{framed}
|
||
\textbf{Definition abelsche Gruppe:} Eine Gruppe ist ein Monoid $(G,*)$ mit dem neutralen Element
|
||
$e$, in dem zus\"atzlich das folgende Axiom gilt: \\
|
||
(G3) F\"ur jedes $x \in G$ gibt es ein $x' \in G$ mit $x'*x=x*x'=e$. \\
|
||
Gilt weiterhin \\
|
||
(G4) F\"ur alle $x,y \in G$ gilt $x*y=y*x$, so hei{\ss}t diese Gruppel abelsch.
|
||
\end{framed}
|
||
|
||
Ein $x'$ hei{\ss}t inverses Element zu $x$. \\
|
||
$\newline$
|
||
|
||
\textbf{Beispiele:} \\
|
||
\begin{compactitem}
|
||
\item $\mathbb N_0$ bildet mit der Addition keine Gruppe $(\mathbb N_=,+)$
|
||
\item $\mathbb Z$ bildet mit der Addition eine abelsche Gruppe $(\mathbb Z,+)$
|
||
\item Auch $(\mathbb Q,+)$ und $(\mathbb R,+)$ sind abelsche Gruppen
|
||
\item $(\mathbb Q,\cdot)$ ist keine Gruppe, aber $(\mathbb Q\backslash\{0\},\cdot)$ schon
|
||
\end{compactitem}
|
||
|
||
\begin{framed}
|
||
\textbf{Satz: (Eindeutigkeit des Inversen)} Ist $(G,*)$ eine Gruppe, so hat jedes $x \in G$
|
||
genau ein inverses Element.
|
||
\end{framed}
|
||
|
||
\textbf{Beispiele:} \\
|
||
\begin{compactitem}
|
||
\item Eine triviale Gruppe besteht nur aus ihrem neutralen Element. Tats\"achlich ist $G=\{e\}$ mit
|
||
$e*e=e$ eine Gruppe.
|
||
\item Sei $X$ eine Menge. Die Menge $Sym(X) := \{f \in Abb(X,X) \mid f$ ist bijektiv$\}$ der
|
||
Permutationen von $X$ bildet mit der Komposition eine Gruppe $(Sym(X),\circ)$, die
|
||
symmetrsiche Gruppe auf $X$. F\"ur $n \in \mathbb N$ schreibt man $S_n := Sym(\{1,2,...,n\})$.
|
||
F\"ur $n \ge 3$ ist $S_n$ nicht abelsch.
|
||
\end{compactitem}
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||
$\newline$
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||
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||
\textbf{Bemerkung:} H\"aufig benutzte Notationen f\"ur die Gruppenverkn\"upfung $\cdot$:\\
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\begin{compactitem}
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||
\item In der multiplikativen Notation schreibt man $\cdot$ statt $*$ (oft auch $xy$ statt
|
||
$x \cdot y$), bezeichnet das neutrale Element mit $1$ oder $1_G$ und das Inverse zu $x$ mit
|
||
$x^{-1}$.
|
||
\item In der additiven Notation schreibt man $x$ f\"ur $*$, bezeichnet das neutrale Element
|
||
mit $0$ oder $0_G$ und das Inverse zu $x$ mit $-x$. Die additive Notation wird nur verwendet,
|
||
wenn die Gruppe abelsch ist.
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||
\end{compactitem}
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||
$\newline$
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||
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||
In abelschen Gruppen notiert man Ausdr\"ucke auch mit dem Summen- und Produktzeichen. \\
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||
\begin{framed}
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||
\textbf{Satz:} Sei $(G,\cdot)$ eine Gruppe. F\"ur $x,y \in G$ gelten $(x^{-1})^{-1}=x$ und
|
||
$(xy)^{-1}=x^{-1} \cdot x^{-1}$.
|
||
\end{framed}
|
||
|
||
\begin{framed}
|
||
\textbf{Satz:} Sei $(G,\cdot)$ eine Gruppe. F\"ur $a,b \in G$ haben die Gleichungen $ax=b$ und
|
||
$ya=b$ eindeutige L\"osungen in $G$, n\"amlich $x=a^{-1} \cdot b$ und $y=b \cdot a^{-1}$.
|
||
Insbesondere gelten die folgenden K\"urzungsregeln: $ax=ay \Rightarrow x=y$ und $xa=ya
|
||
\Rightarrow x=y$.
|
||
\end{framed}
|
||
|
||
\textit{Beweis: \\
|
||
Es ist $a \cdot a^{-1} \cdot b = 1b=b$, also ist $x=a^{-1} \cdot b$ eine L\"osung. Ist umgekehrt
|
||
$ax=b$ mit $x \in G$, so ist $a^{-1} \cdot b = a^{-1]} \cdot ax = 1x = x$ die L\"osung und somit
|
||
eindeutig. F\"ur die zweite Gleichung argumentiert man analog. Den "Insbesondere"-Fall erh\"alt
|
||
man durch Einsetzen von $b=ay$ bzw. $b=xa$.} \\
|
||
$\newline$
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||
|
||
\textbf{Bemerkung:} \\
|
||
Wenn aus dem Kontext klar ist, welche Verkn\"upfung gemeint ist, schreibt man auch einfach
|
||
$G$ anstatt $(G, \cdot)$ bzw. $(G,+)$. Eine Gruppe $G$ hei{\ss}t endlich, wenn die Menge $G$ endlich
|
||
ist. Die Mächtigkeit $|G|$ von $G$ nennt man dann die Ordnung von $G$. Eine endliche Gruppe kann
|
||
durch ihre Verkn\"upfungstafel vollst\"andig beschrieben werden. \\
|
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$\newline$
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||
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||
\textbf{Beispiele:} \\
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||
a) die triviale Gruppe $G=\{e\}$
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\begin{center}
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\begin{tabular}{|c|c|}
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\hline
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$\cdot$ & $e$\\
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\hline
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||
$e$ & $e$ \\
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||
\hline
|
||
\end{tabular}
|
||
\end{center}
|
||
b) die Gruppe $\mu_2 = \{1,-1\}$ der Ordnung 2
|
||
\begin{center}
|
||
\begin{tabular}{|c|c|c|}
|
||
\hline
|
||
$\cdot$ & $1$ & $-1$\\
|
||
\hline
|
||
$1$ & $1$ & $-1$ \\
|
||
\hline
|
||
$-1$ & $-1$ & $1$ \\
|
||
\hline
|
||
\end{tabular}
|
||
\end{center}
|
||
c) die Gruppe $S_2= Sym(\{1,2\}) = \{id_{\{1,2\}},f\}$, wobei $f(1)=2$ und $f(2)=1$
|
||
\begin{center}
|
||
\begin{tabular}{|c|c|c|}
|
||
\hline
|
||
$\circ$ & $id_{\{1,2\}}$ & $f$\\
|
||
\hline
|
||
$id_{\{1,2\}}$ & $id_{\{1,2\}}$ & $f$ \\
|
||
\hline
|
||
$f$ & $f$ & $id_{\{1,2\}}$ \\
|
||
\hline
|
||
\end{tabular}
|
||
\end{center}
|
||
|
||
\begin{framed}
|
||
\textbf{Definition Untergruppe:} Eine Untergruppe einer Gruppe $(G,\cdot)$ ist eine
|
||
nichtleere Teilmenge $H \subset G$, f\"ur die gilt: \\
|
||
(UG1) F\"ur alle $x,y \in H$ ist $x \cdot y \in H$ (Abgeschlossenheit unter Multiplikation) \\
|
||
(UG2) F\"ur alle $x \in H$ ist $x^{-1} \in H$ (Abgeschlossenheit unter Inversen)
|
||
\end{framed}
|
||
|
||
\begin{framed}
|
||
\textbf{Satz:} Sei $(G,\cdot)$ eine Gruppe und $\emptyset \neq H \subset G$. Genau dann ist
|
||
$H$ eine Untergruppe von $G$, wenn sich die Verkn\"upfung $\cdot: G \times G \to G$ zu einer
|
||
Abbildung $\cdot_H: H \times H \to H$ einschr\"anken l\"asst (d.h. $\cdot|_{H \times H}=
|
||
\iota_H \circ \cdot_H$, wobei $\iota_H \cdot \cdot_H \to G$ die Inklusionsabbildung ist) und
|
||
$(H,\cdot_H)$ eine Gruppe ist.
|
||
\end{framed}
|
||
|
||
\textit{Beweis: \\
|
||
Hinrichtung: Sei $H$ eine Untergruppe von $G$. Nach (UG1) ist $Image(\cdot|_{H \times H}) \subset H$
|
||
und somit l\"asst sich $\cdot$ zu einer Abbildung $\cdot_H: H \times H \ to H$ einschr\"anken. Wir
|
||
betrachten jetzt $H$ mit dieser Verkn\"upfung. Da $G$ (G1) erf\"ullt, erf\"ullt auch H (G1). Da
|
||
$H \neq \emptyset$ existiert ein $x \in H$. Nach (UG1) und (UG2) ist $x \cdot x^{-1}=e \in H$. Da
|
||
$e_G \cdot y=y \cdot e_G=y$ f\"ur alle $y \in G$, insbesondere auch f\"ur alle $y \in H$ (G2). Wegen
|
||
(UG2) erf\"ullt $H$ auch das Axiom (G3). $H$ ist somit eine Gruppe. \\
|
||
R\"uckrichtung: Sei nun umgekehrt $(H,\cdot_H)$ eine Gruppe. F\"ur $x,y \in H$ ist dann $xy=x \cdot_H
|
||
y \in H$, also er\"ullt $H$ (UG1). Aus $e_H \cdot e_H=e_H=e_H \cdot e_G$ folgt $e_H=e_G$. Ist also
|
||
$x'$ das Inverse zu $x$ aus der Gruppe $H$, so ist $x'x=xx'=e_G=e_H$, also $x^{-1}=x' \in H$ und
|
||
somit erf\"ullt $H$ auch (UG2). Wir haben gezeigt, dass $H$ eine Untergruppe von $G$ ist.} \\
|
||
$\newline$
|
||
|
||
\textbf{Bemerkung:} \\
|
||
Wir nennen nicht nur die Menge $H$ eine Untergruppe von $G$, sondern auch die Gruppe $(H,\cdot_H)$.
|
||
Wir schreiben $H \le G$. \\
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$\newline$
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||
|
||
\textbf{Beispiele:} \\
|
||
\begin{compactitem}
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||
\item Jede Gruppe $G$ hat die triviale Untergruppe $H=\{e_G\}$ und $H=G$
|
||
\item Ist $H \le G$ und $K \le H$, so ist $K \le G$ (Transitivit\"at)
|
||
\item Unter Addition ist $\mathbb{Z} \le \mathbb{Q} \le \mathbb{R}$ eine Kette von Untergruppen
|
||
\item Unter Multiplikation ist $\mu_2 \le \mathbb{Q}^+ \le \mathbb{R}^+$ eine Kette von
|
||
Untergruppen
|
||
\item F\"ur $n \in \mathbb{N}_0$ ist $n\mathbb{Z} := \{nx \mid x \in \mathbb{Z}\} \le \mathbb{Z}$
|
||
\end{compactitem}
|
||
|
||
\begin{framed}
|
||
\textbf{Lemma:} Ist $G$ eine Gruppe und $(H_i)_{i \in I}$ eine Familie von Untergruppen von $G$,
|
||
so ist auch $H := \bigcap H_i$ eine Untergruppe von $G$.
|
||
\end{framed}
|
||
|
||
\textit{Beweis: Wir haben 3 Dinge zu zeigen\\
|
||
\begin{compactitem}
|
||
\item $H \neq \emptyset:$ F\"ur jedes $i \in I$ ist $e_G \in H$, also auch $e_G \in \bigcap
|
||
H_i =H$
|
||
\item (UG1): Seien $x,y \in H$. F\"ur jedes $i \in I$ ist $x,y \in H_i$, somit $xy \in H_i$,
|
||
da $H_i \le G$. Folglich ist $xy \in \bigcap H_i=H$.
|
||
\item (UG2): Sei $x \in H$. F\"ur jedes $i \in I$ ist $x \in H_i$, somit $x^{-1} \in H_i$,
|
||
da $H_i \le G$. Folglich ist $x^{-1} \in \bigcap H_i=H$.
|
||
\end{compactitem}
|
||
}
|
||
|
||
\begin{framed}
|
||
\textbf{Satz:} Ist $G$ eine Gruppe und $X \subset G$. so gibt es eine eindeutig bestimmte
|
||
kleinste Untergruppe $H$ von $G$, die $X$ enth\"alt, d.h. $H$ enth\"alt $X$ und ist $H'$
|
||
eine weitere Untergruppe von $G$, die $X$ enth\"alt, so ist $H \subset H'$.
|
||
\end{framed}
|
||
|
||
\textit{Beweis: \\
|
||
Sei $\mathcal{H}$ die Menge aller Untergruppen von $G$, die $X$ enthalten. Nach dem Lemma ist $H:=
|
||
\bigcap \mathcal{H} := \bigcap H$ eine Untergruppe von $G$. Da $X \subset H'$ f\"ur jedes $H' \in
|
||
\mathcal H$ ist auch $X \subset H$. Nach Definition ist $H$ in jedem $H' \le G$ mit $X \subset H'$
|
||
enhalten.} \\
|
||
$\newline$
|
||
|
||
\begin{framed}
|
||
\textbf{Definition erzeugte Untergruppe:} Ist $G$ eine Gruppe und $X \le G$, so nennt man diese
|
||
kleinste Untergruppe von $G$, die $X$ enth\"alt, die von $X$ erzeugte Untergruppe von $G$ und
|
||
bezeichnet diese mit $<X>$, falls $X = \{x_1,x_2,...,x_n\}$ enth\"alt auch mit $<x_1,x_2,
|
||
...,x_n>$. Gibt es eine endliche Menge $X \subset G$ mit $G=<X>$, so nennt man $G$ endlich
|
||
erzeugt.
|
||
\end{framed}
|
||
|
||
\textbf{Beispiele:}
|
||
\begin{compactitem}
|
||
\item Die leere Menge $X=\emptyset \le G$ erzeugt stets die trivale Untergruppe $<\emptyset>
|
||
=\{e\} \le G$
|
||
\item Jede endliche Gruppe $G$ ist endlich erzeugt $G=<G>$
|
||
\item F\"ur $n \in \mathbb{N}_0$ ist $n\mathbb{Z}=<n> \le \mathbb{Z}$. Ist $H \le \mathbb{Z}$
|
||
mit $n \in H$, so ist auch $kn=nk=n+n+...+n \in H$ und somit auch $n\mathbb{Z} \le H$.
|
||
\end{compactitem}
|
||
|
||
\subsection{Ringe}
|
||
\begin{framed}
|
||
\textbf{Definition Ring:} Ein Ring ist ein Tripel $(R,+,\cdot)$ bestehend aus einer Menge
|
||
$R$, einer Verkn\"upfung $+: R \times R \to R$ (Addition) und einer anderen Verkn\"upfung
|
||
$\cdot: R \times R \to R$ (Multiplikation), sodass diese zusammen die folgenden Axiome
|
||
erf\"ullen: \\
|
||
(R1) $(R,+)$ ist eine abelsche Gruppe \\
|
||
(R2) $(R,\cdot)$ ist eine Halbgruppe \\
|
||
(R3) F\"ur $a,x,y \in R$ gelten die Distributivgesetze $a(x+y)=ax+ay$ und $(x+y)a=xa+ya$. \\
|
||
Ein Ring hei{\ss}t kommutativ, wenn $xy=yx$ f\"ur alle $x,y \in R$.\\
|
||
Ein neutrales Element der Multiplikation hei{\ss}t Einselement von $R$.\\
|
||
Ein Unterrrig eines Rings $(R,+,\cdot)$ ist eine Teilmenge, die mit der geeigneten
|
||
Einschr\"ankung von Addition und Multiplikation wieder ein Ring ist.
|
||
\end{framed}
|
||
|
||
\textbf{Bemerkungen:} \\
|
||
Hat ein Ring ein Einselement, so ist dieses eindeutig bestimmt. Notationelle Konfektionen: Das
|
||
neutrale Element der Addition wird h\"aufig mit 0 bezeichnet; die Multiplikation wird nicht immer
|
||
notiert; Multiplikation bindet st\"arker als die Addition. \\
|
||
Wenn die Verkn\"upfungen aus dem Kontext klar sind, schreibt ma $R$ statt $(R,+,\cdot)$. \\
|
||
$\newline$
|
||
|
||
\textbf{Beispiele:} \\
|
||
\begin{compactitem}
|
||
\item Der Nullring ist $R=\{0\}$ mit den einzig m\"oglichen Verkn\"upfungen $+$ und $\cdot$
|
||
auf $R$. Der Nullring ist sogar kommutativ und hat ein Einselement, n\"amlich die 0.
|
||
\item $(\mathbb{Z},+,\cdot)$ ist ein kommutativer Ring mit Einselement 1, ebenso
|
||
$(\mathbb{Q},+,\cdot)$ und $(\mathbb{R},+,\cdot)$.
|
||
\item $(2\mathbb{Z},+,\cdot)$ ist ein kommutativer Ring, aber ohne Einselement.
|
||
\end{compactitem}
|
||
$\newline$
|
||
|
||
\textbf{Bemerkungen:} Ist $R$ ein Ring, dann gelten die folgenden Aussagen f\"ur $x,y \in R$\\
|
||
\begin{compactitem}
|
||
\item $0 \cdot x=x \cdot 0 = 0$
|
||
\item $x \cdot (-y) = (-x) \cdot y = -xy$
|
||
\item $(-x) \cdot (-y) = xy$
|
||
\end{compactitem}
|
||
$\newline$
|
||
|
||
\textbf{Bemerkung:} \\
|
||
Wir f\"uhren eine wichtige Klassen endlicher Ringe ein. Hierf\"ur erinnern wir uns eine der Grundlagen
|
||
der Arithmetik in $\mathbb{Z}$. \\
|
||
|
||
\begin{framed}
|
||
\textbf{Theorem:} Sei $b \neq 0 \in \mathbb{Z}$. F\"ur jedes $a \in \mathbb{Z}$ gibt es
|
||
eindeutig bestimmte $q,r \in \mathbb{Z}$ ($r$ ist "Rest"), mit $a=qb+r$ und $0 \le r < |b|$.
|
||
\end{framed}
|
||
\textit{Beweis: Existenz und Eindeutigkeit \\
|
||
Existenz: oBdA nehmen wir an, dass $b>0$ (denn ist $a=qb+r$, so ist auch $a=(-q)(-b)+r$). Sei $q \in
|
||
\mathbb{Z}$ die gr\"o{\ss}te Zahl mit $q \le \frac{a}{b}$, und sei $r=a-qb \in \mathbb{Z}$. Dann ist
|
||
$a \le \frac{a}{b}-q < 1$, woraus $0 \le r < b$ folgt. \\
|
||
Eindeutigkeit: Sei $a=qb+r=q'b+r'$ mit $q,q',r,r' \in \mathbb{Z}$ und $0 \le r,r' < |b|$. Dann ist
|
||
$(q-q')b=r-r'$ und $|r-r'|<|b|$. Da $q-q' \in \mathbb{Z}$ ist, folgt $r-r'=0$ und daraus wegen
|
||
$b \neq 0$, dann $q-q'=0$.}\\
|
||
$\newline$
|
||
|
||
\textbf{Beispiel (Restklassenring):} Wir fixieren $n \in \mathbb{N}$. F\"ur $a \in \mathbb{Z}$ sei
|
||
$\overline(a) := a+n\mathbb{Z} := \{a+nx \mid x \in \mathbb{Z}\}$ die Restklasse von "$a \bmod n$".
|
||
F\"ur $a,a' \in \mathbb{Z}$ sind \"aquivalent:
|
||
\begin{compactitem}
|
||
\item $a+n\mathbb{Z}=a'+n\mathbb{Z}$
|
||
\item $a' \in a+n\mathbb{Z}$
|
||
\item $n$ teilt $a'-a$ (in Zeichen $n|a'-a$), d.h. $a'=a+nk$ f\"ur $k \in \mathbb{Z}$
|
||
\end{compactitem}
|
||
\textit{Beweis: \\
|
||
$1) \Rightarrow 2)$: klar, denn $0 \in \mathbb{Z}$ \\
|
||
$2) \Rightarrow 3)$: $a' \in a+n\mathbb{Z} \Rightarrow a'=a+nk$ mit $k \in \mathbb{Z}$ \\
|
||
$3) \Rightarrow 1)$: $a'=a+nk$ mit $k \in \mathbb{Z} \Rightarrow a+n\mathbb{Z}=\{a+nk+nx \mid
|
||
x \in \mathbb{Z}\}=\{a+n(k+x) \mid x \in \mathbb{Z}\}=a+n\mathbb{Z}$ \\
|
||
Insbesondere besteht $a+n\mathbb{Z}$ nur aus den ganzen Zahlen, die bei der Division durch $n$ den
|
||
selben Rest lassen wie $a$.}\\
|
||
$\newline$
|
||
|
||
Aus dem Theorem folgt weiter, dass $\mathbb{Z}/n\mathbb{Z} := \{\overline{a} \mid a \in \mathbb{Z}\}
|
||
= \{\overline{0}, \overline{1},..., \overline{n-1}\}$ eine Menge der M\"achtigkeit n ist (sprich:
|
||
"$\mathbb{Z} \bmod n\mathbb{Z}$"). \\
|
||
$\newline$
|
||
|
||
Wir definieren Verkn\"upfungen auf $\mathbb{Z}/n\mathbb{Z}$ durch $\overline{a}+\overline{b} :=
|
||
\overline{a+b}$, $\overline{a} \cdot \overline{b} := \overline{ab}$ $a,b \in \mathbb{Z}$. Hierbei
|
||
muss man zeigen, dass diese Verkn\"upfungen wohldefiniert sind, also nicht von den gew\"ahlten
|
||
Vertretern $a,b$ der Restklassen $\overline{a}$ und $\overline{b}$ abh\"angen. Ist etwa $\overline{a}
|
||
= \overline{a'}$ und $\overline{b}= \overline{b'}$, also $a'=a+nk_1$ und $b'=b+nk_2$ mit $k_1,k_2 \in
|
||
\mathbb{Z}$, so ist \\
|
||
$a'+b' = a+b+n(k_1+k_2)$, also $\overline{a'+b'} = \overline{a+b}$ \\
|
||
$a' \cdot b' = ab+n(bk_1+ak_2+nk_1k_2)$, also $\overline{a'b'} = \overline{ab}$ \\
|
||
Man pr\"uft nun leicht nach, dass $\mathbb{Z}/n\mathbb{Z}$ mit diesen Verkn\"upfungen ein kommutativer
|
||
Ring mit Einselement ist, da dies auch f\"ur $(\mathbb{Z},+,\cdot)$ gilt. Das neutrale Element der
|
||
Addition ist $\overline{0}$, das Einselement ist $\overline{1}$. \\
|
||
$\newline$
|
||
|
||
\textbf{Beispiel:} Im Fall $n=2$ ergeben sich die folgenden Verkn\"upfungstafeln f\"ur $\mathbb{Z}
|
||
/2\mathbb{Z} = \{\overline{0}, \overline{1}\}$ \\
|
||
\begin{center}
|
||
\begin{tabular}{|c|c|c|}
|
||
\hline
|
||
$+$ & $\overline{0}$ & $\overline{1}$\\
|
||
\hline
|
||
$\overline{0}$ & $\overline{0}$ & $\overline{1}$\\
|
||
\hline
|
||
$\overline{1}$ & $\overline{1}$ & $\overline{2}=\overline{0}$ \\
|
||
\hline
|
||
\end{tabular}
|
||
\end{center}
|
||
\begin{center}
|
||
\begin{tabular}{|c|c|c|}
|
||
\hline
|
||
$\cdot$ & $\overline{0}$ & $\overline{1}$\\
|
||
\hline
|
||
$\overline{0}$ & $\overline{0}$ & $\overline{0}$\\
|
||
\hline
|
||
$\overline{1}$ & $\overline{0}$ & $\overline{1}$ \\
|
||
\hline
|
||
\end{tabular}
|
||
\end{center}
|
||
|
||
\begin{framed}
|
||
\textbf{Definition Charakteristik:} Sei $R$ ein Ring mit Einselement. Man definiert die Charakteristik von
|
||
$R$ als die kleinste nat\"urliche Zahl $n$ mit $1+1+...+1=0$, falls so ein $n$ existiert, andernfalls
|
||
ist die Charakteristik $0$.
|
||
\end{framed}
|
||
|
||
\begin{framed}
|
||
\textbf{Definition Nullteiler:} Sei $R$ ein Ring mit Einselement. Ein $0 \neq x \in R$ ist ein Nullteiler von
|
||
$R$, wenn er ein $0 \neq y \in R$ mit $xy=0$ oder $yx=0$ gibt. Ein Ring ohne Nullteiler ist
|
||
nullteilerfrei.
|
||
\end{framed}
|
||
|
||
\begin{framed}
|
||
\textbf{Definition Einheit:} Sei $R$ ein Ring mit Einselement. Ein $x \in R$ hei{\ss}t invertierbar (oder
|
||
Einheit von $R$), wenn es ein $x' \in R$ mit $xx'=x'x=1$ gibt. Wir bezeichnen die invertierten
|
||
Elemente von $R$ mit $R^{\times}$
|
||
\end{framed}
|
||
|
||
\textbf{Beispiele:}\\
|
||
\begin{compactitem}
|
||
\item reelle Zahlen ist ein nullteilerfreier Ring der Charakteristik $0$ mit $\mathbb R^{\times}=
|
||
\mathbb R\backslash\{0\}$
|
||
\item $\mathbb Z$ ist ein nullteilerfreier Ring der Charakteristik $0$ mit $\mathbb Z^{\times}=
|
||
\{1,-1\}$
|
||
\item $\mathbb Z/n \mathbb Z$ ist ein Ring der Charakteristik $n$. Ist $n$ keine Primzahl, so
|
||
ist $\mathbb Z$ nicht nullteilerfrei.
|
||
\end{compactitem}
|
||
|
||
\begin{framed}
|
||
\textbf{Satz:} Sei $R$ ein Ring mit Einselement.
|
||
\begin{compactitem}
|
||
\item Ist $x \in R$ invertierbar, so ist $x$ kein Nullteiler in $R$
|
||
\item Die invertierbaren Elemente von $R$ bilden mit der Multiplikation eine Gruppe
|
||
\end{compactitem}
|
||
\end{framed}
|
||
|
||
\textit{Beweis: \\
|
||
\begin{compactitem}
|
||
\item Ist $xx'=x'x=1$ und $xy=0$ mit $x',y \in R$, so ist $0=x'\cdot 0=x\cdot xy=1\cdot y=y$, aber
|
||
$y \neq 0$ f\"ur Nullteiler
|
||
\item Sind $x,y \in R^{\times}$, also $xx'=x'x=yy'=y'y=1$. Dann ist $(xy)(y'x')=x\cdot 1\cdot x'=1$
|
||
und $(y'x')(xy)=y'\cdot 1\cdot y=1$, somit $R^{\times}$ abgeschlossen unter der Multiplikation. Da
|
||
$1 \cdot 1=1$ gilt, ist auch $1 \in R^{\times}$. Nach Definition von $R^{\times}$ hat jedes $x \in
|
||
R^{\times}$ ein Inverses $x' \in R^{\times}$.
|
||
\end{compactitem}}
|
||
$\newline$
|
||
|
||
\subsection{K\"orper}
|
||
\begin{framed}
|
||
\textbf{Definition K\"orper:} Ein K\"orper ist ein kommutativer Ring $(K,+,\cdot)$ mit Einselement
|
||
$1 \neq 0$, in dem jedes Element $x \neq x \in K$ invertierbar ist.
|
||
\end{framed}
|
||
|
||
\textbf{Bemerkungen:} Ein K\"orper ist stets nullteilerfrei und $(K\backslash\{0\}, \cdot)$ ist eine abelsche
|
||
Gruppe. Ein k\"orper ist also ein Tripel $(K,+,\cdot)$ bestehend aus einer Menge $K$ und 2 Verkn\"upfungen
|
||
$+: K \times K \to K$ und $\cdot: K \times K \to K$, f\"ur die gelten: \\
|
||
(K1): $(K,+)$ ist eine abelsche Gruppe \\
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(K2): $(K\backslash\{0\}, \cdot)$ ist eine abelsche Gruppe, deren neutrales Element wir mit 1 bezeichnen \\
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(K3): Es gelten die Distributivgesetze. \\
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$\newline$
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\textbf{Bemerkungen:} Sei $K$ ein K\"orper und $a,x,y \in K$. Ist $ax=ay$ und $a \neq 0$, so ist $x=y$. \\
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\begin{framed}
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||
\textbf{Definition Teilk\"orper:} Ein Teilk\"orper eines K\"orpers $(K,+,\cdot)$ ist die Teilemenge $L
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\subset K$, die mit der geeigneten Einschr\"ankung von Addition und Multiplikation wieder ein
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K\"orper ist.
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\end{framed}
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\textbf{Beispiele:}
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\begin{compactitem}
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\item Der Nullring ist kein K\"orper.
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\item Der K\"orper $\mathbb Q$ der rationalen Zahlen ist ein Teilk\"orper des K\"orpers $\mathbb R$ der
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reellen Zahlen.
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\item $(\mathbb Z, + ,\cdot)$ ist kein K\"orper
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\end{compactitem}
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$\newline$
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\textbf{Beispiel (Komplexe Zahlen)} \\
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Wir definieren die Menge $\mathbb C = \mathbb R \times \mathbb R$ und darauf Verkn\"upfungen wie folgt:
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F\"ur $(x_1,y_1), (x_2,y_2) \in \mathbb C$ ist: \\
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\begin{compactitem}
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\item$(x_1,y_1)+(x_2,y_2) := (x_1+x_2,y_1+y_2)$
|
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\item$(x_1,y_1)\cdot (x_2,y_2) := (x_1x_2-y_1y_2,x_1y_2+x_2y_1)$
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\end{compactitem}
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||
Wie man nachpr\"ufen kann, ist $(\mathbb C,+,\cdot)$ ein K\"orper, genannt K\"orper der komplexen Zahlen.
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||
Da $(x_1,0)+(x_2,0)=(x_1+x_2,0)$ und $(x_1,0)\cdot (x_2,0)=(x_1x_2,0)$, k\"onnen wir $\mathbb R$ durch
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||
"$x=(x,0)$" mit dem Teilk\"orper $\mathbb R \times \{0\}$ von $\mathbb C$ identifizieren. \\
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||
Die imagin\"are Einheit $i=(0,1)$ erf\"ullt $i^2=-1$ und jedes $z \in \mathbb C$ kann eindeutig geschrieben
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werden als $z=x+iy$ mit $x,y \in \mathbb R$
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\begin{framed}
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\textbf{Lemma:} Sei $a \in \mathbb Z$ und sei $p$ eine Primzahl, die $a$ nicht teilt. Dann gibt es $b,k \in
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||
\mathbb Z$ mit $ab+kp=1$.
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\end{framed}
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\textit{Beweis: \\
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Sei $n \in \mathbb N$ die kleinste nat\"urliche Zahl der Form $n=ab+kp$. Angenommen, $n \ge 2$. Schreibe
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$a=qp+r$ mit $q,r \in \mathbb Z$ und $0 \le r < p$. Aus der Nichtteilbarkeit von $a$ folgt $r \neq 0$, also
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$r \in \mathbb N$. Wegen $r=a\cdot 1-qp$ ist $n\le r$. Da $p$ Primzahl ist und $2\le n\le r < p$, gilt $n$ teilt
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||
nicht $p$. Schreibe $p=c\cdot n+m$ mit $c,m \in \mathbb Z$ und $0 \le m<n$. Aus $n$ teilt nicht $p$ folgt
|
||
$m \neq 0$, also $m \in \mathbb N$. Da $m=p-cn=-abc+(1-kc)p$, ist $m<n$ ein Widerspruch zur Minimalit\"at
|
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von $n$. Die Annahme $n \ge 2$ war somit falsch. Es gilt $n=1$.} \\
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$\newline$
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\textbf{Beispiel (Endliche Primk\"orper)} \\
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F\"ur jede Primzahl $p$ ist $\mathbb Z /p \mathbb Z$ ein K\"orper. Ist $\overline{a}\neq \overline{0}$, so gilt
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$p$ teilt nicht $a$ und somit gibt es $b,k \in \mathbb Z$ mit \\
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$ab+kp=1$ \\
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||
$\overline{(ab+kp)}=\overline{1} = \overline{(ab)} = \overline{a} \cdot \overline{b}$ \\
|
||
und somit ist $\overline{a}$ invertierbar in $\mathbb Z /p \mathbb Z$. Somit sind f\"ur $n \in \mathbb N$
|
||
\"aquivalent:
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\begin{compactitem}
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\item $\mathbb Z /n \mathbb Z$ ist ein K\"orper
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\item $\mathbb Z /n \mathbb Z$ ist nullteilerfrei
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||
\item $n$ ist Primzahl
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\end{compactitem}
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\textit{Beweis: 1 $\to$ 2: 4.13; 2 $\to$ 3: 4.12; 3 $\to$ 1: gegeben} \\
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Insbesondere ist $\mathbb Z /p \mathbb Z$ nullteilerfrei, d.h. aus $p$ teilt $ab$ folgt $p$ teilt $a$ oder
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$p$ teilt $b$
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\subsection{Polynome}
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In diesem Abschnitt sei $R$ ein kommutativer Ring mit Einselement. \\
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$\newline$
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\textbf{Bemerkung:} Unter einem Polynom in der "Unbekannte" $x$ versteht man einen Ausdruck der Form
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$f(x)=a_0+a_1x+a_2x^2+...+a_nx^n = \sum \limits_{k=0}^{n} a_kx^k$ mit $a_0,...,a_n \in R$. Fasst man $x$
|
||
als ein beliebiges Element von $R$ auf, gelten einige offensichtliche Rechenregeln: \\
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||
Ist $f(x)=\sum \limits_{k=0}^{n} a_kx^k$ und $g(x)=\sum \limits_{k=0}^{n} b_kx^k$ so ist
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\begin{compactitem}
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||
\item $f(x)+g(x)=\sum \limits_{k=0}^{n} (a_k+b_k)x^k$
|
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\item $f(x)\cdot g(x)=\sum \limits_{k=0}^{2n} c_kx^k$ mit $c_k=\sum \limits_{j=0}^{k} a_jb_{k-j}$
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\end{compactitem}
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||
Dies motiviert die folgende pr\"azise Definition f\"ur den Ring der Polynome \"uber $R$ in einer "Unbestimmten"
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$x$.
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\begin{framed}
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\textbf{Definition Polynom:} Sei $R[X]$ die Menge der Folgen in $R$, die fast \"uberall 0 sind, also
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$R[X]:=\{(a_k)_{k \in \mathbb N_0} \mid \forall k(a_k \in R) \land \exists n_0: \forall k>n_0(a_k=0)\}$
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\end{framed}
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Wir definieren Addition und Multiplikation auf $R[X]$:
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\begin{compactitem}
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\item $(a_k)_{k \in \mathbb N_0}+(b_k)_{k \in \mathbb N_0}=(a_k+b_k)_{k \in \mathbb N_0}$
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||
\item $(a_k)_{k \in \mathbb N_0}\cdot (b_k)_{k \in \mathbb N_0}=(c_k)_{k \in \mathbb N_0}$ mit
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||
$c_k = \sum \limits_{j=0}^{k} a_jb_{k-j}$
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||
\end{compactitem}
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$\newline$
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Mit diesen Verkn\"upfungen wird $R[X]$ zu einem kommutativen Ring mit Einselement. Diesen Ring nennt man
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Polynomring (in einer Variablen $X$) \"uber $R$. Ein $(a_k)_{k \in \mathbb N_0} \in R[X]$ hei{\ss}t Polynom mit
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||
den Koeffizienten $a_0,...,a_n$. Wenn wir $a \in R$ mit der Folge $(a,0,0,...,0) := (a,\delta_{k,0})_{k \in \mathbb N_0}$
|
||
identifizieren, wird $R$ zu einem Unterrring von $R[X]$.
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$\newline$
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Definiert man $X$ als die Folge $(0,1,0,..,0) := (\delta_{k,1})_{k \in \mathbb N_0}$ (die Folge hat an der $k$-ten
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||
Stelle eine 1, sonst nur Nullen). Jedes $f(a_k)_{k \in \mathbb N_0}$ mit $a_k=0$ f\"ur $k>n_0$ l\"asst sich eindeutig
|
||
schreiben als $f(X)=\sum \limits_{k=0}^{n_0} a_kX^k$.\\
|
||
Alternativ schreiben wir auch $f=\sum \limits_{k \ge 0} a_kX^k$ mit dem Verst\"andnis, dass diese unendliche
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||
Summe nur endlich von 0 verschiedene Summanden enth\"alt.
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$\newline$
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||
Sei $0 \neq f(X)=\sum \limits_{k \ge 0} a_kX^k \in R[X]$. Der Grad von $f$ ist das gr\"o{\ss}te $k$ mit $a_k
|
||
\neq 0$, geschrieben $deg(f):= max\{k \in \mathbb N_0 \mid a_k \neq 0\}$. Man definiert den Grad des
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||
Nullpolynoms als $deg(0)=-\infty$, wobei $-\infty < k \forall k \in \mathbb N_0$ gelten soll. Man nennt $a_0$
|
||
den konstanten Term und $a_{deg(f)}$ den Leitkoeffizienten von $f$. Hat $f$ den Grad 0, 1 oder 2, so nennt
|
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man $f$ konstant, linear bzw. quadratisch.
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$\newline$
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\textbf{Beispiel:} Das lineare Polynom $f(X)=X-2 \in R[X]$ hat den Leitkoeffizent 1 und den konstanten Term $-2$.
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\begin{framed}
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\textbf{Satz:} Seien $f,g \in R[X]$
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\begin{compactitem}
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\item Es ist $deg(f+g)\le max\{deg(f), deg(g)\}$
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||
\item Es ist $deg(f\cdot g) \le deg(f)+deg(g)$
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||
\item Ist $R$ nullteilerfrei, so ist $deg(f\cdot g) = deg(f)+deg(g)$ und auch $R[X]$ ist nullteilerfrei.
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\end{compactitem}
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\end{framed}
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||
\textit{Beweis: \\
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\begin{compactitem}
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||
\item offenbar
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\item Ist $deg(f)=n$ und $deh(g)=m$, $f=\sum \limits_{i \ge 0} f_iX^i$, $g=\sum \limits_{ij\ge 0} g_jX^j$,
|
||
so ist auch $h=fg=\sum \limits_{k \ge 0} h_kX^k$ mit $h_k=\sum \limits_{i+j=k} f_i\cdot g_j$ f\"ur alle $k \ge 0$.
|
||
Ist $k>n+m$ und $i+j=k$, so ist $i>n$ oder $j>m$, somit $f_i=0$ oder $g_k=0$ und somit $h_k=0$.
|
||
Folglich ist $deg(h) \le n+m$.
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||
\item Ist $f=0$ oder $g=0$, so ist die Aussage klar, wir nehmen als $n,m \ge 0$ an. Nach b) ist $deg(h) \le
|
||
n+m$ und $h_{m+n}=\sum \limits_{i+j=n+m} f_ig_j=f_ng_m$. Ist $R$ nullteilerfrei, so folgt aus $f_n \neq 0$
|
||
und $g_m\neq 0$ schon $f_ng_m\neq 0$, und somit $deg(h)=n+m$.
|
||
\end{compactitem}}
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\begin{framed}
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\textbf{Theorem (Polynomdivision):} Sei $K$ ein K\"orper und sei $0 \neq g \in K[X]$. F\"ur jedes Polynom
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||
$f \in K[X]$ gibt es eindeutig bestimmte $g,h,r \in K[X]$ mit $f=gh+r$ und $deg(r)<deg(g)$.
|
||
\end{framed}
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||
\textit{Beweis: Existenz und Eindeutigkeit\\
|
||
Existenz: Sei $n=deg(f)$, $m=deg(g)$, $f=\sum \limits_{k=0}^{n} a_kX^k$, $g=\sum \limits_{k=0}^{m} b_kX^k$ \\
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||
Induktion nach $n$ bei festem $g$. \\
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||
IA: Ist $n<m$, so w\"ahlt man $h=0$ und $r=f$.\\
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||
IB: Wir nehmen an, dass die Aussage f\"ur alle Polynome vom Grad kleiner als $n$ gilt.\\
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||
IS: Ist $n \ge m$, so betrachtet man $f_1=f-\frac{a_n}{b_m}\cdot X^{n-m}\cdot g(X)$. Da $\frac{a_n}{b_m}\cdot
|
||
X^{n-m}\cdot g(X)$ ein Polynom vom Grad $n-m+deg(g)=n$ mit Leitkoeffizient $\frac{a_n}{b_m}\cdot b_m=a_n$ ist, ist
|
||
$deg(f_1)<n$. Nach IB gibt es also $h_1, r_1 \in K[X]$ mit $f_1=gh_1+r_1$ und $deg(r)<deg(g)$. Somit ist
|
||
$f(X)=f_1(X)+\frac{a_n}{b_m}\cdot X^{n-m}\cdot g(X)=gh+r$ mit $h(X)=h_1(X)+\frac{a_n}{b_m}\cdot X^{n-m}, r=r_1$. \\
|
||
Eindeutigkeit: Sei $n=deg(f), m=deg(g)$. Ist $f=gh+r=gh'+r'$ und $deg(r),deg(r')<m$, so ist $(h-h')g=r'-r$ und
|
||
$deg(r'-r)<m$. Da $deg(h-h')=deg(h'-h)+m$ muss $deg(h-h')<0$, also $h'-h=0$ sein. Somit $h'=h$ und $r'=r$} \\
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$\newline$
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||
\textbf{Bemerkung:} Der Existenzbeweis durch Induktion liefert uns ein konstruktives Verfahren, diese sogenannte
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||
Polynomdivision durchzuf\"uhren. \\
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$\newline$
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\textbf{Beispiel:} in $\mathbb Q[X]$: $(x^3+x^2+1):(x^2+1)=x+1$ Rest $-x$ \\
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\begin{framed}
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||
\textbf{Definition Nullstelle:} Sei $f(X)=\sum \limits_{k \ge 0} a_kX^k \in \mathbb R[X]$. F\"ur $\lambda \in
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||
\mathbb R$ definiert man die Auswertung von $f$ in $\lambda$ $f(\lambda)=\sum \limits_{k \ge 0} a_k\lambda^k
|
||
\in \mathbb R$. Das Polynom $f$ liefert auf diese Weise eine Abbildung $\tilde f: \mathbb R \to \mathbb R$ und
|
||
$\lambda \mapsto f(\lambda)$. \\
|
||
Ein $\lambda \in \mathbb R$ $f(\lambda)=0$ ist eine Nullstelle von $f$
|
||
\end{framed}
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||
|
||
\begin{framed}
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||
\textbf{Lemma:} F\"ur $f,g \in \mathbb R[X]$ und $\lambda \in \mathbb R$i ist $(f+g)(\lambda)=f(\lambda)+
|
||
g(\lambda)$ und $(fg)(\lambda)=f(\lambda) \cdot g(\lambda)$.
|
||
\end{framed}
|
||
\textit{Beweis: Ist $f=\sum \limits_{k \ge 0} a_kX^k$ und $g=\sum \limits_{k\ge 0} b_kX^k$, so ist \\
|
||
$f(\lambda)+g(\lambda)=\sum \limits_{k \ge 0} a_k\lambda^k + \sum \limits_{k\ge 0} b_k\lambda^k = \sum
|
||
\limits_{k\ge 0} (a_k+b_k)\lambda^k=(f+g)(\lambda)$ \\
|
||
$f(\lambda)\cdot g(\lambda)= \sum \limits_{k\ge 0} a_k\lambda^k \cdot \sum \limits_{k\ge 0} b_k\lambda^k =
|
||
\sum \limits_{k \ge 0} \sum \limits_{i+j=k} (a_i+b_j)\lambda^k = (fg)(\lambda)$)}
|
||
|
||
\begin{framed}
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||
\textbf{Satz:} Ist $K$ ein K\"orper und $\lambda \in K$ eine Nullstelle von $f \in K[X]$ so gibt es ein
|
||
eindeutig bestimmtes $h \in K[X]$ mit $f(X)=(X-\lambda)\cdot h(x)$
|
||
\end{framed}
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||
\textit{Beweis: \\
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||
Es gibt $h,r \in K[X]$ mit $f(X)=(X-\lambda)\cdot h(x)+r(x)$ und $deg(r)<deg(X-\lambda)=1$, also $r \in
|
||
K$. Da $\lambda$ Nullstelle von $f$ ist, gilt $0=f(\lambda)=(\lambda-\lambda)*h(\lambda)+r(\lambda)=
|
||
r(\lambda)$. Hieraus folgt $r=0$. Eindeutigkeit folgt aus Eindeutigkeit der Polynomdivision.}
|
||
|
||
\begin{framed}
|
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\textbf{Korollar:} Sei $K$ ein K\"orper. Ein Polynom $0\neq f \in K[X]$ hat h\"ochstens $deg(f)$ viele
|
||
Nullstellen.
|
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\end{framed}
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||
\textit{Beweis: \\
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Induktion nach $deg(f)=n$ \\
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Ist $n=0$, so ist $f \in K^{\times}$ und hat somit keine Nullstellen. \\
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||
Ist $n>0$ und hat f eine Nullstelle $\lambda \in K$, so ist $f(X)=(X-\lambda)*h(x)$ mit $h(x) \in K[X]$ und
|
||
$deg(f)=deg(X-\lambda)+deg(h)=n-1$. Nach IV besitzt $h$ h\"ochstens $deg(h)=n-1$ viele Nullstellen. Ist
|
||
$\lambda'$ eine Nullstelle von $f$, so ist $0=f(\lambda’)=(\lambda’-\lambda)*h(\lambda’)$, also $\lambda'=
|
||
\lambda$ oder $\lambda'$ ist Nullstelle von $h$. Somit hat $f$ h\"ochstens $n$ viele Nullstellen in $K$.}
|
||
|
||
\begin{framed}
|
||
\textbf{Korollar:} Ist $K$ ein unendlicher K\"orper, so ist die Abbildung $K[X] \to Abb(K,K)$ und $f \mapsto
|
||
\tilde f$ injektiv.
|
||
\end{framed}
|
||
\textit{Beweis: \\
|
||
Sind $f,g \in K[X]$ mit $\tilde f = \tilde g$, also $f(\lambda)=g(\lambda)$ f\"ur jedes $\lambda \in K$, so ist
|
||
jedes $\lambda$ Nullstelle von $h:= f-g \in K[X]$. Da $|K|=\infty$ ist, so ist $h=0$, also $f=g$.}
|
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$\newline$
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|
||
\textbf{Bemerkung:} Dieses Korollar besagt uns, dass man \"uber einem unendlichen K\"orper Polynome als
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||
polynomiale Abbildungen auffassen kann. Ist $K$ aber endlich, so ist dies im Allgemeinen nicht richtig.
|
||
Beispiel: $K=\mathbb Z\backslash 2\mathbb Z$, $f(X)=X$, $g(X)=X^2 \Rightarrow f \neq g$, aber
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||
$\tilde f=\tilde g$.
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$\newline$
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||
|
||
\textbf{Beispiel:} Sei $f(X)=X^2+1 \in \mathbb R[X] \subset \mathbb C[X]$ \\
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||
In $K=\mathbb R$ hat $f$ keine Nullstelle: Für $\lambda \in \mathbb R f(\lambda)=\lambda^2+1 \ge1 >0$. \\
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||
In $K=\mathbb C$ hat $f$ die beiden Nullstellen $\lambda_1=i$ und $\lambda_2=-i$ und zerfällt dort in Linearfaktoren:
|
||
$f(X)=(X-i)(X+i)$.
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||
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||
\begin{framed}
|
||
\textbf{Satz:} Für einen Körper $K$ sind äquivalent:
|
||
\begin{compactitem}
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||
\item Jedes Polynom $f \in K[X]$ mit $deg(f)>0$ hat eine Nullstelle in $K$.
|
||
\item Jedes Polynom $f \in K[X]$ zerfällt in Linearfaktoren, also $f(X)=a\cdot \prod \limits_{i=1}^n
|
||
(X-\lambda_i)$ mit $n=deg(f), a, \lambda_i \in K$
|
||
\end{compactitem}
|
||
\end{framed}
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||
\textit{Beweis: \\
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||
$1 \Rightarrow 2:$ Induktion nach $n=deg(f)$ \\
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||
Ist $n\le0$, so ist nichts zu zeigen. \\
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||
Ist $n>0$, so hat $f$ eine Nullstelle $\lambda_n \in K$, somit $f(X)=(X-\lambda_n)\cdot g(X)$ mit $g(X) \in K[X]$
|
||
und $deg(g)=n-1$, Nach IV ist $g(X)=a\cdot \prod \limits_{i=1}^n (X-\lambda_i)$. Somit ist $f(X)=a\cdot \prod
|
||
\limits_{i=1}^n (X-\lambda_i)$. \\
|
||
$2 \Rightarrow 1:$ Sei $f \in K[X]$ mit $n=deg(f)>0$. Damit gilt $f(X)=a\cdot \prod \limits_{i=1}^n (X-\lambda_i)$.
|
||
Da $n>0$, hat $f$ z.B. die Nullstelle $\lambda_1$.}
|
||
|
||
\begin{framed}
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\textbf{Definition algebraisch abgeschlossen:} Ein Körper $K$ heißt algebraisch abgeschlossen, wenn er eine
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||
der äquivalenten Bedingungen erfüllt.
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||
\end{framed}
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||
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\begin{framed}
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\textbf{Theorem (Fundamentalsatz der Algebra):} Der Körper $\mathbb C$ ist algebraisch abgeschlossen.
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\end{framed}
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\textbf{Bemerkung:} Wir werden das Theorem zwar benutzen, aber nicht beweisen.
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\section{Vektorräume}
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In diesem Kapitel sei $K$ ein Körper.
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\subsection{Definition und Beispiele}
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\textbf{Beispiel:} Ist $K=\mathbb R$, so haben wir für $K^3=\mathbb R^3=\mathbb R \times \mathbb R \times \mathbb R=
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\{(a,b,c) | a,b,c \in \mathbb R\}$ eine geometrische Anschauung, nämlich den euklidischen Raum. Welche algebraische
|
||
Struktur können wir hierauf sinnvollerweise definieren? \\
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\begin{framed}
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\textbf{Definition $K$-Vektorraum:} Ein $K$-Vektorraum (auch Vektorraum über $K$) ist ein Tripel $(V,+,\cdot)$
|
||
bestehend aus einer Menge $V$, einer Verknüpfung $+: V \times V \to V$, genannt Addition, und einer Abbildung
|
||
$\cdot: K \times V \to V$, genannt Skalarmultiplikation, für die gelten: \\
|
||
(V1): $(V,+)$ ist eine abelsche Gruppe \\
|
||
(V2): Addition und Skalarmultiplikation sind verträglich:
|
||
\begin{compactitem}
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\item $\lambda(x+y)=(\lambda\cdot x)+(\lambda\cdot y)$
|
||
\item $(\lambda+\mu)\cdot x = (\lambda\cdot x)+(\mu\cdot x)$
|
||
\item $\lambda(\mu\cdot x)=(\lambda\cdot\mu)\cdot x$
|
||
\item $1\cdot x = x$
|
||
\end{compactitem}
|
||
\end{framed}
|
||
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||
\textbf{Bemerkung:} Wir haben sowohl im Körper $K$ als auch im Vektorraum $V$ eine Addition definiert, die wir mit
|
||
dem selben Symbol $+$ notieren. Ebenso benutzen wir das Symbol $\cdot$ sowohl für die Multiplikation im Körper $K$
|
||
als auch für die Skalarmultiplikation. Zur Unterscheidung nennt man die Elemente von $V$ Vektoren und die Elemente
|
||
von $K$ Skalare. Wir werden bald auch den Nullvektor mit 0 bezeichnen, also mit dem selben Symbol wie das neutrale
|
||
Element im Körper $K$. Auch für Vektorräume gibt es notationelle Konvektionen: So bindet die Skalarmultiplikation
|
||
stärker als die Addition und wird manchmal nicht notiert. \\
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$\newline$
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||
\textbf{Beispiel:} Für $n \in \mathbb N$ ist $V=K^n := \prod \limits_{i=1}^n K = \{(x_1,x_2,...,x_n) \mid x_1,x_2,..,
|
||
x_n \in K\}$ mit komponentenweiser Addition und Skalarmultiplikation $\lambda(x_1,...,x_n)=(\lambda\cdot x_1,...,
|
||
\lambda\cdot x_n)$ ein $K$-Vektorraum, genannt der (n-dimensionale) Standardraum über $K$. \\
|
||
Insbesondere (Spezialfall $n=1$) ist $K$ ein $K$-Vektorraum. \\
|
||
Für $n=0$ definiert man $K^0$ als Nullraum $V=\{0\}$, der einzig möglichen Addition und Skalarmultiplikation einen
|
||
$K$-Vektorraum bildet.
|
||
|
||
\begin{framed}
|
||
\textbf{Satz:} Ist $V$ ein $K$-Vektorraum, so gelten für $\lambda \in K$ und $x \in V$:
|
||
\begin{compactitem}
|
||
\item $0\cdot x =0$
|
||
\item $\lambda\cdot =0$
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\item $(-\lambda)\cdot x = \lambda\cdot(-x) = -\lambda\cdot x$. Insbesondere $(-1)x=-x$
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\item Ist $\lambda\cdot x=0$, so ist $\lambda=0$ oder $x=0$
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\end{compactitem}
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\end{framed}
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\textit{Beweis: \\
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\begin{compactitem}
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\item Es ist $0\cdot x=(0+0)\cdot x=0\cdot x+0\cdot x$, woraus $0=0\cdot x$
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\item Es ist $\lambda\cdot 0=\lambda(0+0)=\lambda\cdot 0+0\cdot \lambda$, woraus $0=\lambda\cdot 0$
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\item Es ist $\lambda\cdot x+(-\lambda\cdot x)=(\lambda+(-\lambda))\cdot x=0\cdot x=0$, also $(-\lambda)x=-(\lambda
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x)$
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\item Ist $\lambda\cdot x=0$ und $\lambda\neq 0$, so ist $0=\lambda^{-1}\cdot\lambda\cdot x=1\cdot x=x$
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\end{compactitem}} \\
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$\newline$
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\textbf{Beispiele:}
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\begin{compactitem}
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\item Schränkt man die Multiplikation im Polynomring $K[X] \times K[X] \to K[X]$ zu einer Abbildung $K \times K[X]
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\to K[X]$ ein, so wird $K[X]$ mit dieser Skalarmultipliaktion zu einem $K$-VR. Die Skalarmultiplikation ist also
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gegen $\lambda\cdot \sum \limits_{k\ge 0} a_k\cdot X^k = \sum \limits_{k\ge 0} \lambda\cdot a_k\cdot X^k$ ersetzt
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wurden.
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\item Schränkt man die komplexe MUltiplikation $\mathbb C \times \mathbb C \to \mathbb C$ zu einer Abbildung
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$\mathbb R \times \mathbb C \to \mathbb C$ ein, so wird $\mathbb C$ mit dieser Skalarmultipliaktion zu einem
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$\mathbb R$-VR. Die Skalarmultipliaktion ist gegeben durch $\lambda(x+iy)=\lambda\cdot x + i\cdot\lambda\cdot y$.
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\item Verallgemeinerung von 1 und 2: Ist der Körper $K$ ein Unterring eines kommutativen Rings $R$ mit Einselement
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$1_K \in K$, so wird $R$ durch Einschränkung der Multiplikation $R \times R \to R$ zu einer Abbildung $K \times R
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\to R$ zu einem $K$-VR.
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\item Ist $X$ eine Menge, so wird die Menge der Abbildungen $Abb(X,K)$ durch punktweise Addition $(f+g)(x)=f(x)+
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g(x)$ und die Skalarmultiplikation $(\lambda\cdot f)(x)=\lambda\cdot f(x)$ zu einem $K$-VR. Im Spezialfall
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$X=\{1,2,...,n\}$ erhält man den Standardraum $K^n$.
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\end{compactitem}
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\end{document}
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