\documentclass[11pt]{article} \usepackage[a4paper,left=2cm,right=2cm,top=2cm,bottom=4cm,bindingoffset=5mm]{geometry} \usepackage{scrpage2} \usepackage{amsmath} \usepackage{paralist} \usepackage{amssymb} \usepackage{framed} \usepackage{booktabs} \title{\textbf{Lineare Algebra 1. Semester (WS2017/18)}} \author{Dozent: Prof. Dr. Arno Fehm} \date{} \begin{document} \maketitle \renewcommand*{\arraystretch}{1.4} \raggedright \section{Grundgegriffe der Linearen Algebra} \subsection{Logik und Mengen} Wir werden die Grundlagen der Logik und der Mengenlehre kurz ansprechen. \subsubsection{\"Uberblick \"uber die Aussagenlogik} Jede mathematisch sinnvolle Aussage ist entweder wahr oder falsch, aber nie beides! \begin{compactitem} \item "$1+1=2$" $\to$ wahr \item "$1+1=3$" $\to$ falsch \item "Es gibt unendlich viele Primzahlen" $\to$ wahr \end{compactitem} Man ordnet jeder mathematischen Aussage $A$ einen Wahrheitswert "wahr" oder "falsch" zu. Aussagen lassen sich mit logischen Verkn\"upfungen zu neuen Aussagen zusammensetzen. \begin{compactitem} \item $\lor \to$ oder \item $\land \to$ und \item $\lnot \to$ nicht \item $\Rightarrow \to$ impliziert \item $\iff \to$ \"aquivalent \end{compactitem} Sind also $A$ und $B$ zwei Aussagen, so ist auch $A \lor B$, $A \land B$, $\lnot A$, $A \Rightarrow B$ und $A \iff B$ Aussagen. Der Wahrheitswert einer zusammengesetzen Aussage ist eindeutig bestimmt durch die Wahrheitswerte ihrer Einzelaussagen. \begin{compactitem} \item $\lnot (1+1=3) \to$ wahr \item "2 ist ungerade" $\Rightarrow$ "3 ist gerade" $\to$ wahr \item "2 ist gerade" $\Rightarrow$ "Es gibt unendlich viele Primzahlen" $\to$ wahr \end{compactitem} $\newline$ \begin{center} \begin{tabular}{|c|c|c|c|c|c|c|} \hline $A$ & $B$ & $A \lor B$ & $A \land B$ & $\lnot A$ & $A \Rightarrow B$ & $A \iff B$\\ \hline w & w & w & w & f & w & w\\ \hline w & f & w & f & f & f & f\\ \hline f & w & w & f & w & w & f\\ \hline f & f & f & f & w & w & w\\ \hline \end{tabular} \end{center} \subsubsection{\"Uberblick \"uber die Pr\"adikatenlogik} Wir werden die Quantoren \begin{compactitem} \item $\forall$ (Allquantor, "f\"ur alle") und \item $\exists$ (Existenzquantor, "es gibt") verwenden. \end{compactitem} Ist $P(x)$ eine Aussage, deren Wahrheitswert von einem unbestimmten $x$ abh\"angt, so ist \\ $\forall x: P(x)$ genau dann wahr, wenn $P(x)$ f\"ur alle $x$ wahr ist, \\ $\exists x: P(x)$ genau dann wahr, wenn $P(x)$ f\"ur mindestens ein $x$ wahr ist. \\ $\newline$ Insbesondere ist $\lnot \forall x: P(x)$ genau dann wahr, wenn $\exists x: \lnot P(x)$ wahr ist. \\ Analog ist $\lnot \exists x: P(x)$ genau dann wahr, wenn $\forall x: \lnot P(x)$ wahr ist. \subsubsection{\"Uberblick \"uber die Beweise} Unter einem Beweis verstehen wir die l\"uckenlose Herleitung einer mathematischen Aussage aus einer Menge von Axiomen, Vorraussetzungen und schon fr\"uher bewiesenen Aussagen. \\ Einige Beweismethoden: \begin{compactitem} \item \textbf{Widerspruchsbeweis} \\ Man nimmt an, dass eine zu beweisende Aussage $A$ falsch sei und leitet daraus ab, dass eine andere Aussage sowohl falsch als auch wahr ist. Formal nutzt man die G\"ultigkeit der Aussage $\lnot A \Rightarrow (B \land \lnot B) \Rightarrow A$. \item \textbf{Kontraposition} \\ Ist eine Aussage $A \Rightarrow B$ zu beweisen, kann man stattdessen die Implikation $\lnot B \Rightarrow \lnot A$ beweisen. \item \textbf{vollst\"andige Induktion} \\ Will man eine Aussage $P(n)$ f\"ur alle nat\"urlichen Zahlen zeigen, so gen\"ugt es, zu zeigen, dass $P(1)$ gilt und dass unter der Induktionsbehauptung $P(n)$ stets auch $P(n+1)$ gilt (Induktionschritt). Dann gilt $P(n)$ f\"ur alle $n$. \\ Es gilt also das Induktionsschema: $P(1) \land \forall n: (P(n) \Rightarrow P(n+1)) \Rightarrow \forall n: P(n)$. \end{compactitem} \subsubsection{\"Uberblick \"uber die Mengenlehre} Jede Menge ist eine Zusammenfassung bestimmter wohlunterscheidbarer Objekte zu einem Ganzen. Eine Menge enth\"alt also solche Objekte, die Elemente der Menge. Die Menge ist durch ihre Elemente vollst\"andig bestimmt. Diese Objekte k\"onnen f\"ur uns verschiedene mathematische Objekte, wie Zahlen, Funktionen oder andere Mengen sein. Man schreibt $x \in M$ bzw. $x \notin M$, wenn x ein bzw. kein Element der Menge ist. \\ $\newline$ Ist $P(x)$ ein Pr\"adikat, so bezeichnet man eine Menge mit $X := \{x \mid P(x)\}$. Hierbei muss man vorsichtig sein, denn nicht immer lassen sich alle $x$ f\"ur die $P(x)$ gilt, widerspruchsfrei zu einer Menge zusammenfassen. \\ $\newline$ \textbf{Beispiel: endliche Mengen} \\ Eine Menge hei{\ss}t endlich, wenn sie nur endlich viele Elemente enth\"alt. Endliche Mengen notiert man oft in aufz\"ahlender Form: $M = \{1;23;4;5;6\}$. Hierbei ist die Reihenfolge der Elemente nicht relevant, auch nicht die H\"aufigkeit eines Elements. \\ Sind die Elemente paarweise verschieden, dann ist die Anzahl der Elemente die M\"achtigkeit (oder Kardinalit\"at) der Menge, die wir mit $|M|$ bezeichnen. \\ $\newline$ \textbf{Beispiel: unendliche Mengen} \\ \begin{compactitem} \item Menge der nat\"urlichen Zahlen: $\mathbb N := \{1,2,3,4,...\}$ \item Menge der nat\"urlichen Zahlen mit der 0: $\mathbb N_0 := \{0,1,2,3,4,...\}$ \item Menge der ganzen Zahlen: $\mathbb Z := \{...,-2,-1,0,1,2,...\}$ \item Menge der rationalen Zahlen: $\mathbb Q := \{\frac p q \mid p,q \in \mathbb Z, q \neq 0\}$ \item Menge der reellen Zahlen: $\mathbb R := \{x \mid x$ ist eine reelle Zahl$\}$ \end{compactitem} Ist $M$ eine Menge, so gilt $|M|=\infty$ \\ $\newline$ \textbf{Beispiel: leere Mengen} \\ Es gibt genau eine Menge, die keine Elemente hat, die leere Menge $0 := \{\}$. \begin{framed} \textbf{Definition Teilmenge:} Sind $X$ und $Y$ zwei Mengen, so heißt $X$ eine Teilmenge von $Y$, wenn jedes Element von $X$ auch Element von $Y$ ist, dass heißt wenn für alle $x$ $(x \in X \Rightarrow x \in Y)$ gilt. \end{framed} Da eine Menge durch ihre Elemente bestimmt ist, gilt $X = Y \Rightarrow (X \subset Y)\land (Y \subset X)$. Will man Mengengleichheit beweisen, so gen\"ugt es, die beiden Inklusionen $X \subset Y$ und $Y \subset X$ zu beweisen. \\ $\newline$ Ist $X$ eine Menge und $P(x)$ ein Pr\"adikat, so bezeichnet man mit $Y:= \{x \in X \mid P(x)\}$ die Teilmenge von $X$, die das Pr\"adikat $P(x)$ erf\"ullen. \\ \begin{framed} \textbf{Definition Mengenoperationen:} Seien $X$ und $Y$ Mengen. Man definiert daraus weitere Mengen wie folgt: \begin{compactitem} \item $X \cup Y := \{x \mid x \in X \lor x \in Y\}$ \item $X \cap Y := \{x \mid x \in X \land x \in Y\}$ \item $X \backslash Y := \{x \in X \mid x \notin Y\}$ \item $X \times Y := \{(x,y) \mid x \in X \land y \in Y\}$ \item $\mathcal P(X) := \{Y \mid Y \subset X\}$ \end{compactitem} \end{framed} Neben den offensichtlichen Mengengesetzen, wie dem Kommutaivgesetz, gibt es auch weniger offensichtliche Gesetze, wie die Gesetze von de Morgan: F\"ur $X_1, X_2 \subset X$ gilt: \begin{compactitem} \item $X \backslash (X_1 \cup X_2) = (X \backslash X_1) \cap (X \backslash X_2)$ \item $X \backslash (X_1 \cap X_2) = (X \backslash X_1) \cup (X \backslash X_2)$ \end{compactitem} $\newline$ Sind $X$ und $Y$ endliche Mengen, so gilt: \begin{compactitem} \item $|X \times Y| = |X| \cdot |Y|$ \item $|\mathcal P(X)| = 2^{|X|}$ \end{compactitem} \subsection{Abbildungen} \subsubsection{\"Uberblick \"uber Abbildungen} Eine Abbildung $f$ von eine Menge $X$ in einer Menge $Y$ ist eine Vorschrift, die jedem $x \in X$ auf eindeutige Weise genau ein Element $f(x) \in Y$ zuordnet. Man schreibt dies als \begin{equation*} f: \begin{cases} X \to Y \\ x \mapsto y \end{cases} \end{equation*} oder $f: X \to Y, x \mapsto y$ oder noch einfacher $f: X \to Y$. Dabei hei{\ss}t $X$ die Definitions- und $Y$ die Zielmenge von $f$. Zwei Abbildungen heißen gleich, wenn ihre Definitionsmengen und Zielmengen gleich sind und sie jedem $x \in X$ das selbe Element $y \in Y$ zuordnen. Die Abbildungen von $X$ nach $Y$ bilden wieder eine Menge, welche wir mit \textbf{Abb($X$,$Y$)} bezeichnen. \\ $\newline$ Beispiele: \\ \begin{compactitem} \item Abbildungen mit Zielmenge $\mathbb R$ nennt man Funktion: $f: \mathbb R \to \mathbb R, x \mapsto x^2$ \item Abbildungen mit Zielmenge $\subset$ Definitionsmenge: $f: \mathbb R \to \mathbb R_{\le 0}, x \mapsto x^2$ \\ $\to$ Diese Abbildungen sind verschieden, da sie nicht die selbe Zielmenge haben. \item $f: \{0,1\} \to \mathbb R, x \mapsto x^2$ \item $f: \{0,1\} \to \mathbb R, x \mapsto x$ \\ $\to$ Diese Funktionen sind gleich. Sie haben die gleichen Definitions- und Zielmengen und sie ordnen jedem Element der Definitionsmenge das gleiche Element der Zielmenge zu. \end{compactitem} $\newline$ Beispiele: \\ \begin{compactitem} \item auf jeder Menge $X$ gibt es die identische Abbildung (Identit\"at) \\ $id: X \to X, x \mapsto x$ \item allgemein kann man zu jeder Teilmenge $A \subset X$ die Inklusionsabbildung zuordnen $\iota_A: A \to X, x \mapsto x$ \item zu je zwei Mengen $X$ und $Y$ und einem festen $y_0 \in Y$ gibt es die konstante Abbildung $c_{y_0}: X \to Y x \mapsto y_0$ \item zu jder Menge $X$ und Teilmenge $A \subset X$ definiert man die charackteristische Funktion\\ $\chi_A: X \to \mathbb R, \begin{cases} x \mapsto 1 \quad(x \in A) \\ x \mapsto 0 \quad(x \notin A) \end{cases} $ \item zu jeder Menge $X$ gibt es die Abbildung \\ $f: X \times X \to \mathbb R, (x,y) \mapsto \delta_{x,y} \begin{cases} 1 \quad (x=y) \\ 0 \quad (x \neq y) \end{cases}$ \end{compactitem} $\newline$ \textbf{Eigenschaften von Funktionen:} \\ \begin{compactitem} \item injektiv: Zuordnung ist eindeutig: $F(m_1) = F(m_2) \Rightarrow m_1=m_2$ \\ Bsp: $x^2$ ist nicht injektiv, da $F(-2)=F(2)=4$ \item surjektiv: $F(M)=N$ ($\forall n \in N \; \exists m \in M \mid F(m)=n$) \\ Bsp: $sin(x)$ ist nicht surjektiv, da es kein $x$ f\"ur $y=27$ gibt \item bijektiv: injektiv und surjektiv \end{compactitem} \begin{framed} \textbf{Definition Einschr\"ankung:} Sei $f: x \mapsto y$ eine Abbildung. F\"ur $A \subset X$ definiert man die Einschr\"ankung/Restrikton von $f$ auf $A$ als die Abbildung $f \mid_A A \to Y, a \mapsto f(a)$. \\ Das Bild von $A$ unter $f$ ist $f(A) := \{f(a): a \in A\}$. \\ Das Urbild einer Menge $B \subset Y$ unter $f$ ist $f^{-1} := \{x \in X: f(x) \in B\}$. \\ Man nennt $Image(f) := f(X)$ das Bild von $f$. \end{framed} \textbf{Bemerkungen zur abstrakteren Betrachtungsweise:} \\ Man ordnet der Abbildung $f: X \to Y$ auch die Abbildungen $\mathcal P(X) \to \mathcal P(Y)$ und $\mathcal P(Y) \to \mathcal P(X)$ auf den Potenzmengen zu. Man benutzt hier das gleiche Symbol $f(…)$ sowohl für die Abbildung $f: X \to Y$ als auch f\"ur $f: P(X) \to P(Y)$, was unvorsichtig ist, aber keine Probleme bereiten sollte. \\ In anderen Vorlesungen wird f\"ur $y \in Y$ auch $f^{-1}(y)$ statt $f^{-1}(\{y\})$ geschrieben. \\ $\newline$ \textbf{Bemerkungen:} \\ Genau dann ist $f: X \to Y$ surjektiv, wenn $Image(f)=Y$ \\ Genau dann ist $f: X \to Y \begin{cases} $injektiv$ \\ $surjektiv$ \\ $bijektiv$ \end{cases}$, wenn $|f^{-1}(\{y\})| = \begin{cases} \le 1 \\ \ge 1 \\ =1 \end{cases} \quad \forall y \in Y$ \\ \begin{framed} \textbf{Definition Komposition:} Sind $f: X \to Y$ und $g: Y \to Z$ Abbildungen, so ist die Komposition $g \circ f$ die Abbildung $g \circ f := X \to Z, x \mapsto g(f(x))$. Man kann die Komposition auffassen als eine Abbildung $\circ: Abb(Y,Z) \times Abb(X,Y) \to Abb(X,Z)$. \end{framed} \begin{framed} \textbf{Satz:} Die Abbildung von Kompositionen ist assotiativ, d.h. es gilt: $h \circ (g \circ f) = (h \circ g)\circ f$. \end{framed} \begin{framed} \textbf{Definition Umkehrabbildung:} Ist $f: X \to Y$ bijektiv, so gibt es zu jedem $y \in Y$ genau ein $x_y \in X$ mit $f(x_y)=y$, durch $f^{-1}: Y \to X, y \mapsto x_y$ wird also eine Abbildung definiert, die Umkehrabbildung zu $f$. \end{framed} \begin{framed} \textbf{Satz:} Ist die Abbildung $f: X \to Y$ bijektiv, so gilt $f^{-1} \circ f = id_x$ und $f \circ f^{-1} = id_y$. \end{framed} \textbf{Bemerkung:} \\ Achtung, wir verwenden hier das selbe Symbol $f^{-1}$ f\"ur zwei verschiedene Dinge: Die Abbildung $f^{-1}: \mathcal P(X) \to \mathcal P(Y)$ existiert f\"ur jede Abbildung $f: X \to Y$, aber die Umkehrabbildung $f^{-1}: Y \to X$ existiert nur f\"ur bijektive Abbildungen $f: X \to Y$. \\ \begin{framed} \textbf{Definition Familie:} Seien $I$ und $X$ Mengen. Eine Abbildung $x: I \to X, i \mapsto x_i$ nennt man Familie von Elementen von $X$ mit einer Indexmenge I (oder I-Tupel von Elementen von $X$) und schreibt diese auch als $(x_i)_{i \in I}$. Im Fall $I=\{1,2,...,n\}$ identifiziert man die I-Tupel auch mit den n-Tupeln. Ist $(x_i)_{i \in I}$ eine Familie von Teilmengen einer Menge $X$, so ist \begin{compactitem} \item $\bigcup X_i = \{x \in X \mid \exists i \in I(x \in X)\}$ \item $\bigcap X_i = \{x \in X \mid \forall i \in I(x \in X)\}$ \item $\prod X_i = \{f \in Abb(I,X) \mid \forall i \in I(f(i) \in X_i)\}$ \end{compactitem} Die Elemente von $\prod X_i$ schreibt man in der Regel als Familien $(x_i)_{i \in I}$. \end{framed} \textbf{Beispiel: } Eine Folge ist eine Familie $(x_i)_{i \in I}$ mit der Indexmenge $\mathbb N_0$. \begin{framed} \textbf{Definition Graph:} Der Graph einer Abbildung $f: X \to Y$ ist die Menge $\Gamma f: \{(x,y) \in X \times Y \mid y=f(x)\}$. \end{framed} \textbf{Bemerkung: Formal korrekte Definition einer Abbildung:} \\ Eine Abbildung $f$ ist ein Tripel $(X,Y,\Gamma)$, wobei $\Gamma \subset X \times Y \quad \forall x \in X$ genau ein Paar $(x,y)$ mit $y \in Y$ enth\"alt. Die Abbildungsvorschrift schickt dann $x \in X$ auf das eindeutig bestimmte $y \in Y$ mit $(x,y) \in \Gamma$. Es ist dann $\Gamma = \Gamma_f$. \subsection{Gruppen} \begin{framed} \textbf{Definition Gruppe:} Sei $G$ eine Menge. Eine (innere, zweistellige) Verkn\"upfung auf $G$ ist eine Abbildung $*: G \times G \to G, (x,y) \mapsto x*y$. Das Paar $(G,*)$ ist eine Halbgruppe, wenn das folgende Axiom erf\"ullt ist: \\ (G1) F\"ur $x,y,z \in G$ ist $(x*y)*z=x*(y*z)$. \\ Eine Halbgruppe $(G,*)$ ist ein Monoid, wenn zus\"atzlich das folgende Axiom gilt: \\ (G2) Es gibt ein Element $e \in G$, welches f\"ur alle $x \in G$ die Gleichung $x*e=e*x=x$ erf\"ullt. Dieses Element hei{\ss}t dann neutrales Element der Verkn\"upfung $*$. \end{framed} \textbf{Beispiele:} \\ \begin{compactitem} \item F\"ur jede Menge $X$ ist $(Abb(X,Y), \circ)$ eine Halbgruppe mit dem neutralen Element $id_x$, also ein Monoid. \item $\mathbb N$ bildet mit der Addition eine Halbgruppe $(\mathbb N,+)$, aber kein Monoid, da die 0 nicht in Fehm's Definition der nat\"urlichen Zahlen geh\"orte \item $\mathbb N_0$ bildet mit der Addition ein Monoid $(\mathbb N_0,+)$ \item $\mathbb N$ bildet mit der Multiplikation ein Monoid $(\mathbb N, \cdot)$ \item $\mathbb Z$ bildet mit der Multiplikation ein Monoid $(\mathbb Z, \cdot)$ \end{compactitem} \begin{framed} \textbf{Satz: (Eindeutigkeit des neutralen Elements)} Ein Monoid $(G,*)$ hat genau ein neutrales Element. \end{framed} \begin{framed} \textbf{Definition abelsche Gruppe:} Eine Gruppe ist ein Monoid $(G,*)$ mit dem neutralen Element $e$, in dem zus\"atzlich das folgende Axiom gilt: \\ (G3) F\"ur jedes $x \in G$ gibt es ein $x' \in G$ mit $x'*x=x*x'=e$. \\ Gilt weiterhin \\ (G4) F\"ur alle $x,y \in G$ gilt $x*y=y*x$, so hei{\ss}t diese Gruppel abelsch. \end{framed} Ein $x'$ hei{\ss}t inverses Element zu $x$. \\ $\newline$ \textbf{Beispiele:} \\ \begin{compactitem} \item $\mathbb N_0$ bildet mit der Addition keine Gruppe $(\mathbb N_=,+)$ \item $\mathbb Z$ bildet mit der Addition eine abelsche Gruppe $(\mathbb Z,+)$ \item Auch $(\mathbb Q,+)$ und $(\mathbb R,+)$ sind abelsche Gruppen \item $(\mathbb Q,\cdot)$ ist keine Gruppe, aber $(\mathbb Q\backslash\{0\},\cdot)$ schon \end{compactitem} \begin{framed} \textbf{Satz: (Eindeutigkeit des Inversen)} Ist $(G,*)$ eine Gruppe, so hat jedes $x \in G$ genau ein inverses Element. \end{framed} \textbf{Beispiele:} \\ \begin{compactitem} \item Eine triviale Gruppe besteht nur aus ihrem neutralen Element. Tats\"achlich ist $G=\{e\}$ mit $e*e=e$ eine Gruppe. \item Sei $X$ eine Menge. Die Menge $Sym(X) := \{f \in Abb(X,X) \mid f$ ist bijektiv$\}$ der Permutationen von $X$ bildet mit der Komposition eine Gruppe $(Sym(X),\circ)$, die symmetrsiche Gruppe auf $X$. F\"ur $n \in \mathbb N$ schreibt man $S_n := Sym(\{1,2,...,n\})$. F\"ur $n \ge 3$ ist $S_n$ nicht abelsch. \end{compactitem} $\newline$ \textbf{Bemerkung:} H\"aufig benutzte Notationen f\"ur die Gruppenverkn\"upfung $\cdot$:\\ \begin{compactitem} \item In der multiplikativen Notation schreibt man $\cdot$ statt $*$ (oft auch $xy$ statt $x \cdot y$), bezeichnet das neutrale Element mit $1$ oder $1_G$ und das Inverse zu $x$ mit $x^{-1}$. \item In der additiven Notation schreibt man $x$ f\"ur $*$, bezeichnet das neutrale Element mit $0$ oder $0_G$ und das Inverse zu $x$ mit $-x$. Die additive Notation wird nur verwendet, wenn die Gruppe abelsch ist. \end{compactitem} $\newline$ In abelschen Gruppen notiert man Ausdr\"ucke auch mit dem Summen- und Produktzeichen. \\ \begin{framed} \textbf{Satz:} Sei $(G,\cdot)$ eine Gruppe. F\"ur $x,y \in G$ gelten $(x^{-1})^{-1}=x$ und $(xy)^{-1}=x^{-1} \cdot x^{-1}$. \end{framed} \begin{framed} \textbf{Satz:} Sei $(G,\cdot)$ eine Gruppe. F\"ur $a,b \in G$ haben die Gleichungen $ax=b$ und $ya=b$ eindeutige L\"osungen in $G$, n\"amlich $x=a^{-1} \cdot b$ und $y=b \cdot a^{-1}$. Insbesondere gelten die folgenden K\"urzungsregeln: $ax=ay \Rightarrow x=y$ und $xa=ya \Rightarrow x=y$. \end{framed} \textit{Beweis: \\ Es ist $a \cdot a^{-1} \cdot b = 1b=b$, also ist $x=a^{-1} \cdot b$ eine L\"osung. Ist umgekehrt $ax=b$ mit $x \in G$, so ist $a^{-1} \cdot b = a^{-1]} \cdot ax = 1x = x$ die L\"osung und somit eindeutig. F\"ur die zweite Gleichung argumentiert man analog. Den "Insbesondere"-Fall erh\"alt man durch Einsetzen von $b=ay$ bzw. $b=xa$.} \\ $\newline$ \textbf{Bemerkung:} \\ Wenn aus dem Kontext klar ist, welche Verkn\"upfung gemeint ist, schreibt man auch einfach $G$ anstatt $(G, \cdot)$ bzw. $(G,+)$. Eine Gruppe $G$ hei{\ss}t endlich, wenn die Menge $G$ endlich ist. Die Mächtigkeit $|G|$ von $G$ nennt man dann die Ordnung von $G$. Eine endliche Gruppe kann durch ihre Verkn\"upfungstafel vollst\"andig beschrieben werden. \\ $\newline$ \textbf{Beispiele:} \\ a) die triviale Gruppe $G=\{e\}$ \begin{center} \begin{tabular}{|c|c|} \hline $\cdot$ & $e$\\ \hline $e$ & $e$ \\ \hline \end{tabular} \end{center} b) die Gruppe $\mu_2 = \{1,-1\}$ der Ordnung 2 \begin{center} \begin{tabular}{|c|c|c|} \hline $\cdot$ & $1$ & $-1$\\ \hline $1$ & $1$ & $-1$ \\ \hline $-1$ & $-1$ & $1$ \\ \hline \end{tabular} \end{center} c) die Gruppe $S_2= Sym(\{1,2\}) = \{id_{\{1,2\}},f\}$, wobei $f(1)=2$ und $f(2)=1$ \begin{center} \begin{tabular}{|c|c|c|} \hline $\circ$ & $id_{\{1,2\}}$ & $f$\\ \hline $id_{\{1,2\}}$ & $id_{\{1,2\}}$ & $f$ \\ \hline $f$ & $f$ & $id_{\{1,2\}}$ \\ \hline \end{tabular} \end{center} \begin{framed} \textbf{Definition Untergruppe:} Eine Untergruppe einer Gruppe $(G,\cdot)$ ist eine nichtleere Teilmenge $H \subset G$, f\"ur die gilt: \\ (UG1) F\"ur alle $x,y \in H$ ist $x \cdot y \in H$ (Abgeschlossenheit unter Multiplikation) \\ (UG2) F\"ur alle $x \in H$ ist $x^{-1} \in H$ (Abgeschlossenheit unter Inversen) \end{framed} \begin{framed} \textbf{Satz:} Sei $(G,\cdot)$ eine Gruppe und $\emptyset \neq H \subset G$. Genau dann ist $H$ eine Untergruppe von $G$, wenn sich die Verkn\"upfung $\cdot: G \times G \to G$ zu einer Abbildung $\cdot_H: H \times H \to H$ einschr\"anken l\"asst (d.h. $\cdot|_{H \times H}= \iota_H \circ \cdot_H$, wobei $\iota_H \cdot \cdot_H \to G$ die Inklusionsabbildung ist) und $(H,\cdot_H)$ eine Gruppe ist. \end{framed} \textit{Beweis: \\ Hinrichtung: Sei $H$ eine Untergruppe von $G$. Nach (UG1) ist $Image(\cdot|_{H \times H}) \subset H$ und somit l\"asst sich $\cdot$ zu einer Abbildung $\cdot_H: H \times H \ to H$ einschr\"anken. Wir betrachten jetzt $H$ mit dieser Verkn\"upfung. Da $G$ (G1) erf\"ullt, erf\"ullt auch H (G1). Da $H \neq \emptyset$ existiert ein $x \in H$. Nach (UG1) und (UG2) ist $x \cdot x^{-1}=e \in H$. Da $e_G \cdot y=y \cdot e_G=y$ f\"ur alle $y \in G$, insbesondere auch f\"ur alle $y \in H$ (G2). Wegen (UG2) erf\"ullt $H$ auch das Axiom (G3). $H$ ist somit eine Gruppe. \\ R\"uckrichtung: Sei nun umgekehrt $(H,\cdot_H)$ eine Gruppe. F\"ur $x,y \in H$ ist dann $xy=x \cdot_H y \in H$, also er\"ullt $H$ (UG1). Aus $e_H \cdot e_H=e_H=e_H \cdot e_G$ folgt $e_H=e_G$. Ist also $x'$ das Inverse zu $x$ aus der Gruppe $H$, so ist $x'x=xx'=e_G=e_H$, also $x^{-1}=x' \in H$ und somit erf\"ullt $H$ auch (UG2). Wir haben gezeigt, dass $H$ eine Untergruppe von $G$ ist.} \\ $\newline$ \textbf{Bemerkung:} \\ Wir nennen nicht nur die Menge $H$ eine Untergruppe von $G$, sondern auch die Gruppe $(H,\cdot_H)$. Wir schreiben $H \le G$. \\ $\newline$ \textbf{Beispiele:} \\ \begin{compactitem} \item Jede Gruppe $G$ hat die triviale Untergruppe $H=\{e_G\}$ und $H=G$ \item Ist $H \le G$ und $K \le H$, so ist $K \le G$ (Transitivit\"at) \item Unter Addition ist $\mathbb{Z} \le \mathbb{Q} \le \mathbb{R}$ eine Kette von Untergruppen \item Unter Multiplikation ist $\mu_2 \le \mathbb{Q}^+ \le \mathbb{R}^+$ eine Kette von Untergruppen \item F\"ur $n \in \mathbb{N}_0$ ist $n\mathbb{Z} := \{nx \mid x \in \mathbb{Z}\} \le \mathbb{Z}$ \end{compactitem} \begin{framed} \textbf{Lemma:} Ist $G$ eine Gruppe und $(H_i)_{i \in I}$ eine Familie von Untergruppen von $G$, so ist auch $H := \bigcap H_i$ eine Untergruppe von $G$. \end{framed} \textit{Beweis: Wir haben 3 Dinge zu zeigen\\ \begin{compactitem} \item $H \neq \emptyset:$ F\"ur jedes $i \in I$ ist $e_G \in H$, also auch $e_G \in \bigcap H_i =H$ \item (UG1): Seien $x,y \in H$. F\"ur jedes $i \in I$ ist $x,y \in H_i$, somit $xy \in H_i$, da $H_i \le G$. Folglich ist $xy \in \bigcap H_i=H$. \item (UG2): Sei $x \in H$. F\"ur jedes $i \in I$ ist $x \in H_i$, somit $x^{-1} \in H_i$, da $H_i \le G$. Folglich ist $x^{-1} \in \bigcap H_i=H$. \end{compactitem} } \begin{framed} \textbf{Satz:} Ist $G$ eine Gruppe und $X \subset G$. so gibt es eine eindeutig bestimmte kleinste Untergruppe $H$ von $G$, die $X$ enth\"alt, d.h. $H$ enth\"alt $X$ und ist $H'$ eine weitere Untergruppe von $G$, die $X$ enth\"alt, so ist $H \subset H'$. \end{framed} \textit{Beweis: \\ Sei $\mathcal{H}$ die Menge aller Untergruppen von $G$, die $X$ enthalten. Nach dem Lemma ist $H:= \bigcap \mathcal{H} := \bigcap H$ eine Untergruppe von $G$. Da $X \subset H'$ f\"ur jedes $H' \in \mathcal H$ ist auch $X \subset H$. Nach Definition ist $H$ in jedem $H' \le G$ mit $X \subset H'$ enhalten.} \\ $\newline$ \begin{framed} \textbf{Definition erzeugte Untergruppe:} Ist $G$ eine Gruppe und $X \le G$, so nennt man diese kleinste Untergruppe von $G$, die $X$ enth\"alt, die von $X$ erzeugte Untergruppe von $G$ und bezeichnet diese mit $$, falls $X = \{x_1,x_2,...,x_n\}$ enth\"alt auch mit $$. Gibt es eine endliche Menge $X \subset G$ mit $G=$, so nennt man $G$ endlich erzeugt. \end{framed} \textbf{Beispiele:} \begin{compactitem} \item Die leere Menge $X=\emptyset \le G$ erzeugt stets die trivale Untergruppe $<\emptyset> =\{e\} \le G$ \item Jede endliche Gruppe $G$ ist endlich erzeugt $G=$ \item F\"ur $n \in \mathbb{N}_0$ ist $n\mathbb{Z}= \le \mathbb{Z}$. Ist $H \le \mathbb{Z}$ mit $n \in H$, so ist auch $kn=nk=n+n+...+n \in H$ und somit auch $n\mathbb{Z} \le H$. \end{compactitem} \subsection{Ringe} \begin{framed} \textbf{Definition Ring:} Ein Ring ist ein Tripel $(R,+,\cdot)$ bestehend aus einer Menge $R$, einer Verkn\"upfung $+: R \times R \to R$ (Addition) und einer anderen Verkn\"upfung $\cdot: R \times R \to R$ (Multiplikation), sodass diese zusammen die folgenden Axiome erf\"ullen: \\ (R1) $(R,+)$ ist eine abelsche Gruppe \\ (R2) $(R,\cdot)$ ist eine Halbgruppe \\ (R3) F\"ur $a,x,y \in R$ gelten die Distributivgesetze $a(x+y)=ax+ay$ und $(x+y)a=xa+ya$. \\ Ein Ring hei{\ss}t kommutativ, wenn $xy=yx$ f\"ur alle $x,y \in R$.\\ Ein neutrales Element der Multiplikation hei{\ss}t Einselement von $R$.\\ Ein Unterrrig eines Rings $(R,+,\cdot)$ ist eine Teilmenge, die mit der geeigneten Einschr\"ankung von Addition und Multiplikation wieder ein Ring ist. \end{framed} \textbf{Bemerkungen:} \\ Hat ein Ring ein Einselement, so ist dieses eindeutig bestimmt. Notationelle Konfektionen: Das neutrale Element der Addition wird h\"aufig mit 0 bezeichnet; die Multiplikation wird nicht immer notiert; Multiplikation bindet st\"arker als die Addition. \\ Wenn die Verkn\"upfungen aus dem Kontext klar sind, schreibt ma $R$ statt $(R,+,\cdot)$. \\ $\newline$ \textbf{Beispiele:} \\ \begin{compactitem} \item Der Nullring ist $R=\{0\}$ mit den einzig m\"oglichen Verkn\"upfungen $+$ und $\cdot$ auf $R$. Der Nullring ist sogar kommutativ und hat ein Einselement, n\"amlich die 0. \item $(\mathbb{Z},+,\cdot)$ ist ein kommutativer Ring mit Einselement 1, ebenso $(\mathbb{Q},+,\cdot)$ und $(\mathbb{R},+,\cdot)$. \item $(2\mathbb{Z},+,\cdot)$ ist ein kommutativer Ring, aber ohne Einselement. \end{compactitem} $\newline$ \textbf{Bemerkungen:} Ist $R$ ein Ring, dann gelten die folgenden Aussagen f\"ur $x,y \in R$\\ \begin{compactitem} \item $0 \cdot x=x \cdot 0 = 0$ \item $x \cdot (-y) = (-x) \cdot y = -xy$ \item $(-x) \cdot (-y) = xy$ \end{compactitem} $\newline$ \textbf{Bemerkung:} \\ Wir f\"uhren eine wichtige Klassen endlicher Ringe ein. Hierf\"ur erinnern wir uns eine der Grundlagen der Arithmetik in $\mathbb{Z}$. \\ \begin{framed} \textbf{Theorem:} Sei $b \neq 0 \in \mathbb{Z}$. F\"ur jedes $a \in \mathbb{Z}$ gibt es eindeutig bestimmte $q,r \in \mathbb{Z}$ ($r$ ist "Rest"), mit $a=qb+r$ und $0 \le r < |b|$. \end{framed} \textit{Beweis: Existenz und Eindeutigkeit \\ Existenz: oBdA nehmen wir an, dass $b>0$ (denn ist $a=qb+r$, so ist auch $a=(-q)(-b)+r$). Sei $q \in \mathbb{Z}$ die gr\"o{\ss}te Zahl mit $q \le \frac{a}{b}$, und sei $r=a-qb \in \mathbb{Z}$. Dann ist $a \le \frac{a}{b}-q < 1$, woraus $0 \le r < b$ folgt. \\ Eindeutigkeit: Sei $a=qb+r=q'b+r'$ mit $q,q',r,r' \in \mathbb{Z}$ und $0 \le r,r' < |b|$. Dann ist $(q-q')b=r-r'$ und $|r-r'|<|b|$. Da $q-q' \in \mathbb{Z}$ ist, folgt $r-r'=0$ und daraus wegen $b \neq 0$, dann $q-q'=0$.}\\ $\newline$ \textbf{Beispiel (Restklassenring):} Wir fixieren $n \in \mathbb{N}$. F\"ur $a \in \mathbb{Z}$ sei $\overline(a) := a+n\mathbb{Z} := \{a+nx \mid x \in \mathbb{Z}\}$ die Restklasse von "$a \bmod n$". F\"ur $a,a' \in \mathbb{Z}$ sind \"aquivalent: \begin{compactitem} \item $a+n\mathbb{Z}=a'+n\mathbb{Z}$ \item $a' \in a+n\mathbb{Z}$ \item $n$ teilt $a'-a$ (in Zeichen $n|a'-a$), d.h. $a'=a+nk$ f\"ur $k \in \mathbb{Z}$ \end{compactitem} \textit{Beweis: \\ $1) \Rightarrow 2)$: klar, denn $0 \in \mathbb{Z}$ \\ $2) \Rightarrow 3)$: $a' \in a+n\mathbb{Z} \Rightarrow a'=a+nk$ mit $k \in \mathbb{Z}$ \\ $3) \Rightarrow 1)$: $a'=a+nk$ mit $k \in \mathbb{Z} \Rightarrow a+n\mathbb{Z}=\{a+nk+nx \mid x \in \mathbb{Z}\}=\{a+n(k+x) \mid x \in \mathbb{Z}\}=a+n\mathbb{Z}$ \\ Insbesondere besteht $a+n\mathbb{Z}$ nur aus den ganzen Zahlen, die bei der Division durch $n$ den selben Rest lassen wie $a$.}\\ $\newline$ Aus dem Theorem folgt weiter, dass $\mathbb{Z}/n\mathbb{Z} := \{\overline{a} \mid a \in \mathbb{Z}\} = \{\overline{0}, \overline{1},..., \overline{n-1}\}$ eine Menge der M\"achtigkeit n ist (sprich: "$\mathbb{Z} \bmod n\mathbb{Z}$"). \\ $\newline$ Wir definieren Verkn\"upfungen auf $\mathbb{Z}/n\mathbb{Z}$ durch $\overline{a}+\overline{b} := \overline{a+b}$, $\overline{a} \cdot \overline{b} := \overline{ab}$ $a,b \in \mathbb{Z}$. Hierbei muss man zeigen, dass diese Verkn\"upfungen wohldefiniert sind, also nicht von den gew\"ahlten Vertretern $a,b$ der Restklassen $\overline{a}$ und $\overline{b}$ abh\"angen. Ist etwa $\overline{a} = \overline{a'}$ und $\overline{b}= \overline{b'}$, also $a'=a+nk_1$ und $b'=b+nk_2$ mit $k_1,k_2 \in \mathbb{Z}$, so ist \\ $a'+b' = a+b+n(k_1+k_2)$, also $\overline{a'+b'} = \overline{a+b}$ \\ $a' \cdot b' = ab+n(bk_1+ak_2+nk_1k_2)$, also $\overline{a'b'} = \overline{ab}$ \\ Man pr\"uft nun leicht nach, dass $\mathbb{Z}/n\mathbb{Z}$ mit diesen Verkn\"upfungen ein kommutativer Ring mit Einselement ist, da dies auch f\"ur $(\mathbb{Z},+,\cdot)$ gilt. Das neutrale Element der Addition ist $\overline{0}$, das Einselement ist $\overline{1}$. \\ $\newline$ \textbf{Beispiel:} Im Fall $n=2$ ergeben sich die folgenden Verkn\"upfungstafeln f\"ur $\mathbb{Z} /2\mathbb{Z} = \{\overline{0}, \overline{1}\}$ \\ \begin{center} \begin{tabular}{|c|c|c|} \hline $+$ & $\overline{0}$ & $\overline{1}$\\ \hline $\overline{0}$ & $\overline{0}$ & $\overline{1}$\\ \hline $\overline{1}$ & $\overline{1}$ & $\overline{2}=\overline{0}$ \\ \hline \end{tabular} \end{center} \begin{center} \begin{tabular}{|c|c|c|} \hline $\cdot$ & $\overline{0}$ & $\overline{1}$\\ \hline $\overline{0}$ & $\overline{0}$ & $\overline{0}$\\ \hline $\overline{1}$ & $\overline{0}$ & $\overline{1}$ \\ \hline \end{tabular} \end{center} \begin{framed} \textbf{Definition Charakteristik:} Sei $R$ ein Ring mit Einselement. Man definiert die Charakteristik von $R$ als die kleinste nat\"urliche Zahl $n$ mit $1+1+...+1=0$, falls so ein $n$ existiert, andernfalls ist die Charakteristik $0$. \end{framed} \begin{framed} \textbf{Definition Nullteiler:} Sei $R$ ein Ring mit Einselement. Ein $0 \neq x \in R$ ist ein Nullteiler von $R$, wenn er ein $0 \neq y \in R$ mit $xy=0$ oder $yx=0$ gibt. Ein Ring ohne Nullteiler ist nullteilerfrei. \end{framed} \begin{framed} \textbf{Definition Einheit:} Sei $R$ ein Ring mit Einselement. Ein $x \in R$ hei{\ss}t invertierbar (oder Einheit von $R$), wenn es ein $x' \in R$ mit $xx'=x'x=1$ gibt. Wir bezeichnen die invertierten Elemente von $R$ mit $R^{\times}$ \end{framed} \textbf{Beispiele:}\\ \begin{compactitem} \item reelle Zahlen ist ein nullteilerfreier Ring der Charakteristik $0$ mit $\mathbb R^{\times}= \mathbb R\backslash\{0\}$ \item $\mathbb Z$ ist ein nullteilerfreier Ring der Charakteristik $0$ mit $\mathbb Z^{\times}= \{1,-1\}$ \item $\mathbb Z/n \mathbb Z$ ist ein Ring der Charakteristik $n$. Ist $n$ keine Primzahl, so ist $\mathbb Z$ nicht nullteilerfrei. \end{compactitem} \begin{framed} \textbf{Satz:} Sei $R$ ein Ring mit Einselement. \begin{compactitem} \item Ist $x \in R$ invertierbar, so ist $x$ kein Nullteiler in $R$ \item Die invertierbaren Elemente von $R$ bilden mit der Multiplikation eine Gruppe \end{compactitem} \end{framed} \textit{Beweis: \\ \begin{compactitem} \item Ist $xx'=x'x=1$ und $xy=0$ mit $x',y \in R$, so ist $0=x'\cdot 0=x\cdot xy=1\cdot y=y$, aber $y \neq 0$ f\"ur Nullteiler \item Sind $x,y \in R^{\times}$, also $xx'=x'x=yy'=y'y=1$. Dann ist $(xy)(y'x')=x\cdot 1\cdot x'=1$ und $(y'x')(xy)=y'\cdot 1\cdot y=1$, somit $R^{\times}$ abgeschlossen unter der Multiplikation. Da $1 \cdot 1=1$ gilt, ist auch $1 \in R^{\times}$. Nach Definition von $R^{\times}$ hat jedes $x \in R^{\times}$ ein Inverses $x' \in R^{\times}$. \end{compactitem}} $\newline$ \subsubsection{K\"orper} \begin{framed} \textbf{Definition K\"orper:} Ein K\"orper ist ein kommutativer Ring $(K,+,\cdot)$ mit Einselement $1 \neq 0$, in dem jedes Element $x \neq x \in K$ invertierbar ist. \end{framed} \textbf{Bemerkungen:} Ein K\"orper ist stets nullteilerfrei und $(K\backslash\{0\}, \cdot)$ ist eine abelsche Gruppe. Ein k\"orper ist also ein Tripel $(K,+,\cdot)$ bestehend aus einer Menge $K$ und 2 Verkn\"upfungen $+: K \times K \to K$ und $\cdot: K \times K \to K$, f\"ur die gelten: \\ (K1): $(K,+)$ ist eine abelsche Gruppe \\ (K2): $(K\backslash\{0\}, \cdot)$ ist eine abelsche Gruppe, deren neutrales Element wir mit 1 bezeichnen \\ (K3): Es gelten die Distributivgesetze. \\ $\newline$ \textbf{Bemerkungen:} Sei $K$ ein K\"orper und $a,x,y \in K$. Ist $ax=ay$ und $a \neq 0$, so ist $x=y$. \\ \begin{framed} \textbf{Definition Teilk\"orper:} Ein Teilk\"orper eines K\"orpers $(K,+,\cdot)$ ist die Teilemenge $L \subset K$, die mit der geeigneten Einschr\"ankung von Addition und Multiplikation wieder ein K\"orper ist. \end{framed} \textbf{Beispiele:} \begin{compactitem} \item Der Nullring ist kein K\"orper. \item Der K\"orper $\mathbb Q$ der rationalen Zahlen ist ein Teilk\"orper des K\"orpers $\mathbb R$ der reellen Zahlen. \item $(\mathbb Z, + ,\cdot)$ ist kein K\"orper \end{compactitem} $\newline$ \textbf{Beispiel (Komplexe Zahlen)} \\ Wir definieren die Menge $\mathbb C = \mathbb R \times \mathbb R$ und darauf Verkn\"upfungen wie folgt: F\"ur $(x_1,y_1), (x_2,y_2) \in \mathbb C$ ist: \\ \begin{compactitem} \item$(x_1,y_1)+(x_2,y_2) := (x_1+x_2,y_1+y_2)$ \item$(x_1,y_1)\cdot (x_2,y_2) := (x_1x_2-y_1y_2,x_1y_2+x_2y_1)$ \end{compactitem} Wie man nachpr\"ufen kann, ist $(\mathbb C,+,\cdot)$ ein K\"orper, genannt K\"orper der komplexen Zahlen. Da $(x_1,0)+(x_2,0)=(x_1+x_2,0)$ und $(x_1,0)\cdot (x_2,0)=(x_1x_2,0)$, k\"onnen wir $\mathbb R$ durch "$x=(x,0)$" mit dem Teilk\"orper $\mathbb R \times \{0\}$ von $\mathbb C$ identifizieren. \\ Die imagin\"are Einheit $i=(0,1)$ erf\"ullt $i^2=-1$ und jedes $z \in \mathbb C$ kann eindeutig geschrieben werden als $z=x+iy$ mit $x,y \in \mathbb R$ \begin{framed} \textbf{Lemma:} Sei $a \in \mathbb Z$ und sei $p$ eine Primzahl, die $a$ nicht teilt. Dann gibt es $b,k \in \mathbb Z$ mit $ab+kp=1$. \end{framed} \textit{Beweis: \\ Sei $n \in \mathbb N$ die kleinste nat\"urliche Zahl der Form $n=ab+kp$. Angenommen, $n \ge 2$. Schreibe $a=qp+r$ mit $q,r \in \mathbb Z$ und $0 \le r < p$. Aus der Nichtteilbarkeit von $a$ folgt $r \neq 0$, also $r \in \mathbb N$. Wegen $r=a\cdot 1-qp$ ist $n\le r$. Da $p$ Primzahl ist und $2\le n\le r < p$, gilt $n$ teilt nicht $p$. Schreibe $p=c\cdot n+m$ mit $c,m \in \mathbb Z$ und $0 \le mn_0(a_k=0)\}$ \end{framed} Wir definieren Addition und Multiplikation auf $R[X]$: \begin{compactitem} \item $(a_k)_{k \in \mathbb N_0}+(b_k)_{k \in \mathbb N_0}=(a_k+b_k)_{k \in \mathbb N_0}$ \item $(a_k)_{k \in \mathbb N_0}\cdot (b_k)_{k \in \mathbb N_0}=(c_k)_{k \in \mathbb N_0}$ mit $c_k = \sum \limits_{j=0}^{k} a_jb_{k-j}$ \end{compactitem} $\newline$ Mit diesen Verkn\"upfungen wird $R[X]$ zu einem kommutativen Ring mit Einselement. Diesen Ring nennt man Polynomring (in einer Variablen $X$) \"uber $R$. Ein $(a_k)_{k \in \mathbb N_0} \in R[X]$ hei{\ss}t Polynom mit den Koeffizienten $a_0,...,a_n$. Wenn wir $a \in R$ mit der Folge $(a,0,0,...,0) := (a,\delta_{k,0})_{k \in \mathbb N_0}$ identifizieren, wird $R$ zu einem Unterrring von $R[X]$. $\newline$ Definiert man $X$ als die Folge $(0,1,0,..,0) := (\delta_{k,1})_{k \in \mathbb N_0}$ (die Folge hat an der $k$-ten Stelle eine 1, sonst nur Nullen). Jedes $f(a_k)_{k \in \mathbb N_0}$ mit $a_k=0$ f\"ur $k>n_0$ l\"asst sich eindeutig schreiben als $f(X)=\sum \limits_{k=0}^{n_0} a_kX^k$.\\ Alternativ schreiben wir auch $f=\sum \limits_{k \ge 0} a_kX^k$ mit dem Verst\"andnis, dass diese unendliche Summe nur endlich von 0 verschiedene Summanden enth\"alt. $\newline$ Sei $0 \neq f(X)=\sum \limits_{k \ge 0} a_kX^k \in R[X]$. Der Grad von $f$ ist das gr\"o{\ss}te $k$ mit $a_k \neq 0$, geschrieben $deg(f):= max\{k \in \mathbb N_0 \mid a_k \neq 0\}$. Man definiert den Grad des Nullpolynoms als $deg(0)=-\infty$, wobei $-\infty < k \forall k \in \mathbb N_0$ gelten soll. Man nennt $a_0$ den konstanten Term und $a_{deg(f)}$ den Leitkoeffizienten von $f$. Hat $f$ den Grad 0, 1 oder 2, so nennt man $f$ konstant, linear bzw. quadratisch. $\newline$ \textbf{Beispiel:} Das lineare Polynom $f(X)=X-2 \in R[X]$ hat den Leitkoeffizent 1 und den konstanten Term $-2$. \begin{framed} \textbf{Satz:} Seien $f,g \in R[X]$ \begin{compactitem} \item Es ist $deg(f+g)\le max\{deg(f), deg(g)\}$ \item Es ist $deg(f\cdot g) \le deg(f)+deg(g)$ \item Ist $R$ nullteilerfrei, so ist $deg(f\cdot g) = deg(f)+deg(g)$ und auch $R[X]$ ist nullteilerfrei. \end{compactitem} \end{framed} \textit{Beweis: \\ \begin{compactitem} \item offenbar \item Ist $deg(f)=n$ und $deh(g)=m$, $f=\sum \limits_{i \ge 0} f_iX^i$, $g=\sum \limits_{ij\ge 0} g_jX^j$, so ist auch $h=fg=\sum \limits_{k \ge 0} h_kX^k$ mit $h_k=\sum \limits_{i+j=k} f_i\cdot g_j$ f\"ur alle $k \ge 0$. Ist $k>n+m$ und $i+j=k$, so ist $i>n$ oder $j>m$, somit $f_i=0$ oder $g_k=0$ und somit $h_k=0$. Folglich ist $deg(h) \le n+m$. \item Ist $f=0$ oder $g=0$, so ist die Aussage klar, wir nehmen als $n,m \ge 0$ an. Nach b) ist $deg(h) \le n+m$ und $h_{m+n}=\sum \limits_{i+j=n+m} f_ig_j=f_ng_m$. Ist $R$ nullteilerfrei, so folgt aus $f_n \neq 0$ und $g_m\neq 0$ schon $f_ng_m\neq 0$, und somit $deg(h)=n+m$. \end{compactitem}} \begin{framed} \textbf{Theorem (Polynomdivision):} Sei $K$ ein K\"orper und sei $0 \neq g \in K[X]$. F\"ur jedes Polynom $f \in K[X]$ gibt es eindeutig bestimmte $g,h,r \in K[X]$ mit $f=gh+r$ und $deg(r)