In diesem ganzen Kapitel sei $R$ ein kommutativer Ring mit Einselement. \section{Moduln} \begin{definition} Ein $R$-\begriff{Modul} ist ein Tripel $(M,+,\cdot)$ bestehend aus einer Menge $M$, einer Verknüpfung $+:M\times M\to M$ und der Abbildung $\cdot:R\times M\to M$ (Skalarmultiplikation) für die gelten: \begin{itemize} \item (M1): $(M,+)$ ist eine abelsche Gruppe \item (M2): Addition und Skalarmultiplikation sind verträglich. Für alle $x,y\in M$ und $a,b\in R$ gelten \begin{itemize} \item $a(x+y)=ax+ay$ \item $(a+b)x=ax+bx$ \item $a\cdot bx=ab\cdot x$ \item $1\cdot x=x$ \end{itemize} \end{itemize} \end{definition} \begin{example} \begin{itemize} \item Ist $R=K$ ein Körper, so sind die $R$-Moduln genau die $K$-Vektorräume. \item Ist $R=\whole$, so sind die $R$-Moduln genau die abelschen Gruppen mit der einzig möglichen Skalarmultiplikation \begin{align} \whole\times A\to A,(k,a)\mapsto ka=\underbrace{1+...+1}_{k\text{-mal}}a=\underbrace{a+...+a}_{k\text{-mal}}\notag \end{align} vergleiche Laag 1 III.2.3 %TODO: Verlinkung \item Jedes Ideal $M\subseteq R$ ist ein $R$-Modul mit Einschränkung der Multiplikation als Skalarmultiplikation. \item Ist $K$ ein Körper, $V$ ein $K$-Vektorraum und $f\in\End_K(V)$, so wird $V$ durch $P(t)\cdot x:=P(f)(x)$ zu einem Modul über dem Ring $R=K[t]$, siehe auch V.5.2 %TODO: Verlinkung \end{itemize} \end{example} \begin{remark} Sei $M$ ein $R$-Modul. Wie für Vektorräume (LAAG 1 II.1.5) überzeugt man sich leicht, dass $0x=0$, $a0=0$, $(-a)x=a(-x)=-ax$ für alle $a\in R$, $x\in M$. Im Gegensatz zu Vektorräumen folgt aber aus $ax=0$ nicht, dass $a=0$ oder $x=0$, siehe zum Beispiel das $\whole$-Modul $M=\whole/n\whole$. Es ist \begin{align} n\cdot\overline{1}=\overline{n}=\overline{0}\in\whole/n\whole\notag \end{align} aber $0\neq n\in\whole$. \end{remark} \begin{definition}[Homomorphismus von $R$-Moduln] Seien $M,M'$ $R$-Moduln. Eine Abbildung $f:M\to M'$ ein \begriff[Modul!]{Homomorphismus} von $R$-Moduln (oder $R$-Homomorphismus oder $R$-linear), wenn \begin{align} f(x+y)&=f(x)+f(y) \notag \\ f(ax) &= a\cdot f(x)\notag \end{align} Wir bezeichnen die Menge der $R$-Homomorphismen $f:M\to M'$ mit $\Hom_R(M,M')$. Wie üblich definiert man den \begriff[Modul!]{Kern} eines $R$-Homomorphismus, sowie die Begriffe \begriff[Modul!]{Monomorphismus}, \begriff[Modul!]{Epimorphismus}, \begriff[Modul!]{Isomorphismus}, \begriff[Modul!]{Endomorphismus} und \begriff[Modul!]{Automorphismus} von $R$-Moduln. \end{definition} \begin{example} \begin{itemize} \item Ist $R=K$, so sind die $R$-Homomorphismen genau die lineare Abbildungen. \item Ist $R=\whole$, so sind die $R$-Homomorphismen genau die Gruppenhomomorphismen. \end{itemize} \end{example} \begin{example} \proplbl{4_1_6} Für jedes $a\in R$ ist die Abbildung \begin{align} \begin{cases} M\to M \\ x\mapsto ax \end{cases}\notag \end{align} einen Endomorphismus von $M$. \end{example} \begin{definition}[Untermodul, Erzeugendensystem] Ein \begriff{Untermodul} ist eine nichtleere Teilmenge $N\subseteq M$, für die gilt: \begin{itemize} \item Sind $x,y\in N$, so ist auch $x+y\in N$. \item Ist $a\in R$ und $x\in N$, so ist auch $ax\in N$. \end{itemize} Für eine Familie $(x_i)_{i\in I}$ ist \begin{align} \sum_{i\in I} Rx_i=\{\sum_{i\in I} ax_i\mid a\in R\text{, fast alle gleich 0}\}\notag \end{align} der von $(x_i)_{i\in I}$ \begriff[Untermodul!]{erzeugte Untermodul} von $M$. Ist $\sum_{i\in I} Rx_i=M$, so ist $(x_i)_{i\in I}$ ein \begriff[Modul!]{Erzeugendensystem} von $M$. Der $R$-Modul $M$ ist \begriff[Modul!]{endlich erzeugt}, wenn er ein endliches Erzeugendensystem besitzt. \end{definition} \begin{remark} \proplbl{4_1_8} Wieder ist der Kern eines $R$-Homomorphismus $f:M\to M'$ ein Untermodul von $M$. Leicht sieht man auch hier, dass $\sum_{i\in I} Rx_i$ ein Untermodul von $M$ ist, und zwar der kleinste, der alle $x_i$ enthält. \end{remark} \begin{example} \begin{itemize} \item Ist $R=K$ ein Körper, so sind die Untermoduln von $M$ genau die Untervektorräume. \item Ist $R=\whole$, so sind die Untermoduln von $M$ genau die Untergruppen und der von einer Familie erzeugte Untermodul ist genau gleich der davon erzeugten Untergruppe. \\ Ist zum Beispiel $M=\whole$, so sind alle $n\whole$ Untermoduln von $M$. \end{itemize} \end{example} \begin{definition}[freie Familie, Basis] Eine Familie $(x_i)_{i\in I}$ in $M$ ist \begriff[Familie!]{frei} oder ($R$-linear unabhängig), wenn es keine Familie $(\lambda_i)_{i\in I}$ von Elementen von $R$, fast alle gleich 0, aber nicht alle gleich 0, mit $\sum_{i\in I} \lambda_ix_i=0$ gibt. Ein freies Erzeugendensystem heißt \begriff[Modul!]{Basis}. Besitzt $M$ eine Basis, so nennt man $M$ \begriff[Modul!]{frei}. \end{definition} \begin{proposition} Seien $M,M'$ $R$-Moduln, $(x_i)_{i\in I}$ eine Basis von $M$ und $(y_i)_{i\in I}$ eine Familie in $M'$. Dann gibt es genau eine $R$-lineare Abbildung $f:M\to M'$ mit $f(x_i)=y_i$ für alle $i$. \end{proposition} \begin{proof} klar, siehe LAAG 1 III.5.1 %TODO: Verlinkung \end{proof} \begin{example} \begin{itemize} \item Für $n\in\natur$ ist $M=R^n$ mit komponentenweiser Addition und Skalarmultiplikation ein endlich erzeugter freier $R$-Modul mit der üblichen Standardbasis. \item Allerdings ist zum Beispiel der $\whole$-Modul $\whole/n\whole$ zwar endlich erzeugt aber nicht frei. Für $\overline{a}\in\whole/n\whole$ ist $n\overline{a}=\overline{0}$, also $\overline{a}$ linear abhängig. \end{itemize} \end{example} \begin{definition}[Summen von Moduln] Die \begriff[Modul!]{Summe} einer Familie $(N_i)_{i\in I}$ von Untermoduln von $M$ ist \begin{align} \sum_{i\in I} N_i=\left\lbrace \sum_{i\in I} x_i\mid x_i\in N_i\text{, fast alle gleich 0}\right\rbrace \notag \end{align} Lässt sich jedes $x\in\sum_{i\in I} N_i$ eindeutig als $\sum_{i\in I} x_i$ mit $x_i\in N_i$ schreiben, so nennt man die Summe \begriff[Modul!]{direkt} und schreibt dafür auch $\bigoplus_{i\in I} N_i$. Ist $(M_i)_{i\in I}$ eine Familie von $R$-Moduln, so definiert man deren \begriff[Modul!]{(externe) direkte Summe} als das $R$-Modul \begin{align} \bigoplus_{i\in I} M_i := \left\lbrace (x_i)_{i\in I}\in \prod_{i\in I} M_i\mid x_i=0\text{ für fast alle } i\in I\right\rbrace \notag \end{align} mit komponentenweiser Addition und Skalarmultiplikation. \end{definition} \begin{remark} Wie auch für Vektorräume ist eine externe direkte Summe eine direkte Summe der entsprechenden Untermoduln und ist $M=\bigoplus_{i\in I} N_i$, so ist $M$ isomorph zur externen direkten Summe der $N_i$. \end{remark} \begin{definition}[Torsionsmodul] Für $a\in R$ definiert man den $a$-\begriff{Torsionsmodul} von $M$ als \begin{align} M[a]:=\{x\in M\mid ax=0\}\notag \end{align} Die Elemente des Torsionsmoduls \begin{align} M_{tor}:=\bigcup_{0\neq a\in R} M[a]=\{x\in M\mid ax=0\text{ für ein } a\in R\backslash\{0\}\}\notag \end{align} nennt man die \begriff{Torsionselemente} von $M$. \end{definition} \begin{proposition} Für $a\in R$ ist $M[a]$ ein Untermodul von $M$. Ist $R$ nullteilerfrei, so ist auch $M_{tor}$ ein Untermodul von $M$. \end{proposition} \begin{proof} $M[a]$ ist der Kern des Endomorphismus $x\mapsto ax$ (\propref{4_1_6}), somit ein Untermodul (\propref{4_1_8}). Seien $a,b\in R\backslash\{0\}$ und $x\in M[a]$, $y\in M[b]$. Ist $R$ nullteilerfrei so ist $ab\neq 0$ und \begin{align} (ab)\cdot (x+y)=b\cdot \underbrace{ax}_{=0} + a\cdot \underbrace{by}_{=0}=0\notag \end{align} also $x+y\in M[ab]\subseteq M_{tor}$. Somit ist $M_{tor}$ in diesem Fall einer Untermodul von $M$. \end{proof} \begin{example} Sei $R=\whole$ und $M=\whole/n\whole$, dann ist $M_{tor}=M=M[n]$. \end{example}